Original 1. Auflage 1974 - von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupāda
- Bhagavad-gītā - Wie Sie Ist -
VORWORT
Ursprünglich verfaßte ich die Bhagavad-gītā Wie Sie Ist in der Form, wie sie jetzt vorliegt. Als dieses Buch zum ersten Mal veröffentlicht wurde, war das Originalmanuskript unglücklicherweise auf weniger als 400 Seiten gekürzt worden, wobei auf die Illustrationen und Erklärungen zu den meisten der ursprünglichen Verse der Śrīmad-Bhāgavad-gītā verzichtet werden mußte. In all meinen anderen Büchern – Śrīmad-Bhāgavatam, Śrī Īśopaniṣad usw. – habe ich folgendes Verfahren angewandt: ich gebe den ursprünglichen Sanskritvers, seine lateinische Transliteration, die Wort für Wort Sanskrit-Englisch Entsprechungen, die Übersetzung und eine Erklärung. Auf diese Weise wird das Buch sehr authentisch und wissenschaftlich und die Bedeutung evident. Ich war daher nicht sehr glücklich, als ich mein Originalmanuskript kürzen mußte. Doch später, als die Nachfrage nach der Bhagavad-gītā Wie Sie Ist beträchtlich stieg, wurde ich von vielen Gelehrten und Gottgeweihten gebeten, das Buch in seiner ursprünglichen Form zu veröffentlichen. Mit der vorliegenden Ausgabe wird daher der Versuch unternommen, das Originalmanuskript dieses bedeutenden Buches mit vollständiger paramparā-Erklärung zu präsentieren, um so die Bewegung für Kṛṣṇa-Bewußtsein fundierter und erfolgreicher zu verbreiten.
Unsere Bewegung für Kṛṣṇa-Bewußtsein ist unverfälscht, geschichtlich autorisiert, natürlich und transzendental, da sie auf der Bhagavad-gītā Wie Sie Ist gründet. Sie wird allmählich zur populärsten Bewegung in der Welt, besonders bei der jüngeren Generation. Immer mehr wird sie jedoch auch für die ältere Generation interessant – so sehr, daß viele Väter und Großväter meiner Schüler uns fördern, indem sie bei unserer Gesellschaft, der Internationalen Gesellschaft für Kṛṣṇa-Bewußtsein, Mitglieder auf Lebenszeit werden. In Los Angeles pflegten mich viele Väter und Mütter zu besuchen, um mir ihre Dankbarkeit dafür auszudrücken, daß ich die Bewegung für Kṛṣṇa-Bewußtsein überall auf der Welt leite. Einige von ihnen sagten, es sei ein großes Glück für die Amerikaner, daß ich die Bewegung für Kṛṣṇa-Bewußtsein in Amerika gegründet hätte. In Wirklichkeit aber ist der ursprüngliche Vater dieser Bewegung Śrī Kṛṣṇa Selbst, da sie vor sehr langer Zeit gegründet wurde und ihre Lehre durch eine Nachfolge von geistigen Meistern bis in die heutige menschliche Gesellschaft überliefert wird. Wenn ich in diesem Zusammenhang irgendeinen Verdienst habe, so kommt er mir nicht persönlich zu, sondern gebührt meinem ewigen geistigen Meister, Seiner Göttlichen Gnade Om Viṣṇupāda Paramahaṁsa Parivrājakācārya 108 Śrī Śrīmad Bhaktisiddhānta Sarasvatī Gosvāmī Mahārāja Prabhupāda.
Wenn mir dennoch in dieser Angelegenheit irgendeine Anerkennung zukommt, dann nur, weil ich versucht habe, die Bhagavad-gītā, wie sie ist, ohne Verfälschung, zu präsentieren. Bevor ich die Bhagavad-gītā Wie Sie Ist publizierte, wurden fast alle ähnlichen Ausgaben der Bhagavad-gītā nur mit dem Ziel veröffentlicht, den persönlichen Ehrgeiz des jeweiligen Verfassers zu befriedigen. Mit der Herausgabe der Bhagavad-gītā Wie Sie Ist wollen wir lediglich allen Menschen die Botschaft des Höchsten Persönlichen Gottes, Kṛṣṇa, übermitteln. Unsere Aufgabe ist es, den Willen Kṛṣṇas zu verkünden, und nicht, den irgendeines weltlichen Spekulanten, wie zum Beispiel den eines Politikers, Philosophen oder Wissenschaftlers; denn diese Menschen besitzen trotz all ihres angesammelten Wissens nur sehr wenig Wissen von Kṛṣṇa. Wenn Kṛṣṇa sagt, „man-manā bhava madbhakto mad-yājī māṁ namaskuru“ („Denke ständig an Mich und werde Mein Geweihter. Verehre Mich und bringe Mir deine Ehrerbietungen dar“), so behaupten wir nicht, wie die sogenannten Gelehrten, daß Kṛṣṇa und Sein Selbst voneinander verschieden seien. Kṛṣṇa ist absolut, und es besteht kein Unterschied zwischen Kṛṣṇas Namen, Kṛṣṇas Gestalt, Kṛṣṇas Eigenschaften, Kṛṣṇas Spielen usw. Für einen Menschen, der kein Geweihter Kṛṣṇas ist und sich nicht im paramparā-System (Nachfolge der geistigen Meister) befindet, ist diese absolute Position Kṛṣṇas sehr schwer zu verstehen. Wenn die sogenannten Gelehrten, Politiker, Philosophen und svāmīs, die kein vollkommenes Wissen von Kṛṣṇa besitzen, Kommentare zur Bhagavad-gītā schreiben, versuchen sie im allgemeinen, Kṛṣṇa zu verbannen oder Ihn zu töten. Solche nicht autorisierten Kommentare zur Bhagavad-gītā sind als Māyāvādī-Bhāṣya bekannt, und Śrī Kṛṣṇa Caitanya hat uns vor solchen Kommentaren gewarnt. Śrī Caitanya sagte unmißverständlich, daß jeder, der versuche die Bhagavad-gītā vom Standpunkt der Māyāvādīs her zu verstehen, eine große Dummheit begehe. Als Folge dieser Dummheit werde der fehlgeleitete Schüler der Bhagavad-gītā vom Pfad seiner spirituellen Verwirklichung mit Sicherheit abkommen und deshalb nicht fähig sein, nach Hause, zu Gott, zurückzugehen.
Die Bhagavad-gītā Wie Sie ist wird nur aus einem einzigen Grunde veröffentlicht: sie soll die bedingte Seele zu dem gleichen Ziel führen, um dessen Verkündung willen Kṛṣṇa einmal an einem Tag Brahmās, das heißt alle 8 640 000 000 Jahre, auf diesem Planeten erscheint. Auf dieses Ziel wird in der Bhagavad-gītā hingewiesen, und deshalb müssen wir es akzeptieren; andernfalls ist es nicht möglich, die Bhagavad-gītā oder ihren Sprecher, Śrī Kṛṣṇa, zu verstehen. Śrī Kṛṣṇa sprach die Bhagavad-gītā vor Millionen und Abermillionen von Jahren zum Sonnengott. Wir müssen diese Tatsache akzeptieren, denn nur so können wir die historische Bedeutung der Bhagavad-gītā direkt von der Autorität, Śrī Kṛṣṇa, ohne Mißinterpretation verstehen. Es ist das größte Vergehen, die Bhagavad-gītā zu interpretieren, ohne den Willen Kṛṣṇas zu beachten. Um sich vor diesem Vergehen zu bewahren, muß man, wie Arjuna, Śrī Kṛṣṇas erster Schüler, den Herrn als den Höchsten Persönlichen Gott verstehen. Ein solches Verständnis von der Bhagavad-gītā ist von wirklichem Nutzen und der autorisierte Weg zum Wohl der menschlichen Gesellschaft, die auf diese Weise den Sinn des Lebens erfüllen kann.
Die Bewegung für Kṛṣṇa-Bewußtsein ist für die menschliche Gesellschaft von größter Wichtigkeit, denn sie bietet die Möglichkeit, die höchste Vollkommenheit des Lebens zu erreichen; auf welche Weise, wird in der Bhagavad-gītā ausführlich erklärt. Unglücklicherweise haben weltliche Streithähne die Bhagavad-gītā benutzt, um ihre dämonischen Auffassungen zu propagieren und die Menschen in die Irre zu führen und somit daran zu hindern, die einfachsten Prinzipien des Lebens zu verstehen. Jeder sollte wissen, wie groß Gott, Kṛṣṇa, ist, und jeder sollte die wirkliche Position der Lebewesen erkennen. Jeder sollte sich darüber bewußt werden, daß das Lebewesen auf ewige Zeiten Diener ist, und daß es, solange es nicht Kṛṣṇa dient, gezwungen ist, der Illusion in den verschiedenen Spielarten der drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur zu dienen, und deshalb unaufhörlich den Kreislauf von Geburt und Tod durchwandern muß. Sogar der sogenannte befreite Māyāvādī-Spekulant ist diesem Vorgang unterworfen. Dieses Wissen stellt eine große Wissenschaft dar, und jedes einzelne Lebewesen sollte sie in seinem eigenen Interesse aufmerksam studieren.
Die Menschen sind im allgemeinen, besonders in diesem Zeitalter des Kali, von der äußeren Energie bezaubert und glauben fälschlich, sie könnten durch Fortschritt in materiellen Bequemlichkeiten glücklich werden. Sie wissen nicht, daß die materielle, äußere Natur sehr stark ist, denn sie sind von den strengen Gesetzen der materiellen Natur gefesselt. Das Lebewesen ist glücklicherweise ein Bestandteil des Höchsten, und daher ist es seine natürliche Funktion, dem Herrn zu dienen. Unter dem Zauber der Illusion jedoch, versucht man glücklich zu sein, indem man auf verschiedene Weise seiner eigenen Sinnesbefriedigung dient – doch auf diese Weise kann man niemals glücklich werden. Statt seine materiellen Sinne zu befriedigen, sollte man die Sinne des Herrn zufriedenstellen. Darin liegt die höchste Vollkommenheit des Lebens, und der Herr wünscht und verlangt dies von uns. Diese wichtige Unterweisung der Bhagavad-gītā sollte man verstehen. Unsere Bewegung für Kṛṣṇa-Bewußtsein lehrt die gesamte Welt diesen wesentlichen Punkt, und da wir die Aussage der Bhagavad-gītā nicht verändern, sollte jeder, der ernsthaft daran interessiert ist, Nutzen aus dem Studium der Bhagavad-gītā zu ziehen, die Hilfe der Bewegung für Kṛṣṇa-Bewußtsein in Anspruch nehmen, um unter der direkten Führung des Herrn ein praktisches Verständnis von der Bhagavad-gītā zu bekommen. Wir hoffen daher, daß die Menschen den größten Nutzen gewinnen, wenn sie die Bhagavad-gītā Wie Sie Ist studieren, und selbst wenn nur ein einziger Mensch ein reiner Gottgeweihter wird, werden wir unsere Bemühung als Erfolg betrachten.
A.C. Bhaktivedanta Swami
12. Mai 1971
Sydney, Australien
Bhagavad-gītā (1. Auflage 1974): [PDF] (60 MB, Bilder, Sanskrit, Lesezeichen)
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