Original 1. Auflage 1974 - von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupāda

Bhagavad Gita wie sie ist   Bhagawad-gita

- Bhagavad-gītā - Wie Sie Ist -

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Siebtes Kapitel
Wissen über den Absoluten

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VERS 1

श्रीभगवानुवाच ।
मय्यासक्तमनाः पार्थ योगं युञ्जन्मदाश्रयः ।
असंशयं समग्रं मां यथा ज्ञास्यसि तच्छृणु ॥१॥

śrī bhagavān uvāca
mayy āsakta-manāḥ pārtha
yogaṁ yuñjan mad-āśrayaḥ
asaṁśayaṁ samagraṁ māṁ
yathā jñāsyasi tac chṛṇu

śrī bhagavān uvāca – der Höchste Herr sagte; mayi – auf Mich; āsakta-manāḥ – Geist gerichtet; pārtha – O Sohn Pṛthās; yogam – Selbstverwirklichung; yuñjan – wenn man praktiziert; mat-āśrayaḥ – über Mich bewußt (Kṛṣṇa-Bewußtsein); asaṁśayam – ohne Zweifel; samagram – vollständig; mām – Mich; yathā – soviel wie; jñāsyasi – du kannst erkennen; tat – dies; śṛṇu – versuche zu hören.

ÜBERSETZUNG

Der Höchste Herr sagte: O Sohn Pṛthās, höre nun, wie du Mich, frei von allen Zweifeln, erkennen kannst, indem du völlig über Mich bewußt, den Geist auf Mich gerichtet, yoga praktizierst.

ERKLÄRUNG

In diesem Siebten Kapitel der Bhagavad-gītā wird das Wesen des Kṛṣṇa-Bewußtseins erläutert. Kṛṣṇa besitzt alle Füllen, und auf welche Weise Er diese Füllen manifestiert, wird hier erklärt. Auch die vier Arten glücklicher Menschen, die von Kṛṣṇa angezogen werden, und die vier Arten unglücklicher Menschen, die sich Kṛṣṇa niemals zuwenden, werden in diesem Kapitel beschrieben.

In den ersten sechs Kapiteln der Bhagavad-gītā ist das Lebewesen als nicht-materielle, spirituelle Seele beschrieben worden, die sich durch verschiedene Arten des yoga zur Selbstverwirklichung erheben kann. Am Ende des Sechsten Kapitels ist eindeutig gesagt worden, daß die fortwährende Konzentration des Geistes auf Kṛṣṇa, oder mit anderen Worten, Kṛṣṇa-Bewußtsein, die höchste Form des yoga ist. Wenn man den Geist auf Kṛṣṇa konzentriert, ist man fähig, die Absolute Wahrheit vollständig zu erkennen – es gibt keine andere Möglichkeit. Die Verwirklichung des unpersönlichen brahmajyoti oder des lokalisierten Paramātmā ist keine vollkommene Erkenntnis der Absoluten Wahrheit, da beide Stufen der Erkenntnis unvollständig sind. Vollständiges und wissenschaftliches Wissen bedeutet, Kṛṣṇa zu erkennen, und einem Menschen, der vollkommen Kṛṣṇa-bewußt ist, wird alles offenbart. In völligem Kṛṣṇa-Bewußtsein weiß man, daß Kṛṣṇa die endgültige Erkenntnis ist, die jenseits aller Zweifel liegt. Die verschiedenen Formen des yoga sind nur Hindernisse auf dem Pfad des Kṛṣṇa-Bewußtseins. Wer sich dem Kṛṣṇa-Bewußtsein direkt zuwendet, erhält automatisch vollständiges Wissen über das brahmajyoti und den Paramātmā. Wenn man den yoga des Kṛṣṇa-Bewußtseins praktiziert, kann man alles in Vollkommenheit erkennen – die Absolute Wahrheit, die Lebewesen, die materielle Natur und ihre Manifestationen mit allem, was dazugehört.

Man sollte daher in der Weise beginnen, yoga zu praktizieren, wie es im letzten Vers des Sechsten Kapitels angegeben wird. Die Konzentration des Geistes auf Kṛṣṇa, den Höchsten, wird durch vorgeschriebenes hingebungsvolles Dienen ermöglicht, das aus neun verschiedenen Vorgängen besteht, von denen śravaṇam der erste und wichtigste ist. Der Herr sagt deshalb zu Arjuna, „tat sṛṇu“, „höre von Mir“. Niemand kann eine größere Autorität sein als Kṛṣṇa, und daher hat man die beste Möglichkeit, Fortschritt im Kṛṣṇa-Bewußtsein zu machen, wenn man von Ihm hört. Man muß daher von Kṛṣṇa Selbst oder von einem reinen Geweihten Kṛṣṇas lernen, und nicht von einem Nicht-Gottgeweihten, einem Emporkömmling, der mit akademischer Bildung aufgeblasen ist.

Das Śrīmad-Bhāgavatam beschreibt im Zweiten Kapitel des Ersten Cantos diesen Vorgang, durch den man Kṛṣṇa, den Höchsten Persönlichen Gott, die Absolute Wahrheit, verstehen kann:

śṛṇvatāṁ sva-kathāṁ kṛṣṇaḥ puṇya-śravaṇa-kīrtanaḥ
hṛdyantaḥstho hy abhadrāṇi vidhunoti suhṛt satām.

naṣṭa-prāyeṣv abhadreṣu nityaṁ bhāgavata-sevayā
bhagavaty uttama-śloke bhaktir bhavati naiṣṭhikī.

tadā rajas-tamo-bhāvāḥ kāma-lobhādayaś ca ye
ceta etair anāviddhaṁ sthitaṁ sattve prasīdati.

evam prasanna-manaso bhagavad-bhakti-yogataḥ
bhagavat-tattva-vijñānaṁ mukta-saṅgasya jāyate.

bhidyate hṛdaya-granthiś chidyante sarva-saṁśayāḥ
kṣīyante cāsya karmāṇi dṛṣṭa evātmanīśvare.

„Wenn man aus den vedischen Schriften über Kṛṣṇa hört oder durch die Bhagavad-gītā direkt von Ihm Selbst hört, so ist dies allein bereits eine rechtschaffene Aktivität. Für jemanden, der über Kṛṣṇa hört, handelt Śrī Kṛṣṇa, der im Herzen eines jeden weilt, als bester Freund und reinigt den Gottgeweihten, der ständig damit beschäftigt ist, über Ihn zu hören. Auf diese Weise entwickelt der Gottgeweihte ganz von selbst sein schlafendes transzendentales Wissen. Je mehr er aus dem Bhāgavatam und von den Gottgeweihten über Kṛṣṇa hört, desto mehr wird er im hingebungsvollen Dienen gefestigt. Indem man hingebungsvolles Dienen entwickelt, wird man von den Erscheinungsweisen der Leidenschaft und Unwissenheit befreit, und materielle Lüste und Habgier lassen nach. Wenn diese Unreinheiten fortgewaschen sind, bleibt man in seiner Position transzendentaler Reinheit fest verankert, wird durch hingebungsvolles Dienen belebt und versteht die Wissenschaft von Gott vollkommen. Auf diese Weise zerreißt bhakti-yoga den festen Knoten der materiellen Anhaftung und befähigt den Gottgeweihten, augenblicklich die Stufe von asaṁśayaṁ samagram zu erreichen, auf der man die Höchste Absolute Wahrheit, den Persönlichen Gott, versteht.“ (Bhāg. 1.2.17–21)

Deshalb kann man die Wissenschaft von Kṛṣṇa nur verstehen, wenn man von Kṛṣṇa oder Seinem Geweihten im Kṛṣṇa-Bewußtsein hört.

VERS 2

ज्ञानं तेऽहं सविज्ञानमिदं वक्ष्याम्यशेषतः ।
यज्ज्ञात्वा नेह भूयोऽन्यज्ज्ञातव्यमवशिष्यते ॥२॥

jñānaṁ te’haṁ sa-vijñānam
idaṁ vakṣyāmy aśeṣataḥ
yaj jñātvā neha bhūyo’nyaj
jñātavyam avaśiṣyate

jñānam – phänomenales Wissen; te – dir; aham – Ich; sa – mit; vijñānam – noumenales Wissen; idam – dieses; vakṣyāmi – werde erklären; aśeṣataḥ – vollständig; yat – was; jñātvā – wissend; na – nicht; iha – in dieser Welt; bhūyaḥ – weiter; anyat – irgend etwas mehr; jñātavyam – erfahrbar; avaśiṣyate – bleibt zu erkennen.

ÜBERSETZUNG

Ich werde dir nun dieses phänomenale und noumenale Wissen offenbaren, und wenn du es kennst, wird es für dich nichts mehr zu erkennen geben.

ERKLÄRUNG

Vollständiges Wissen umfaßt Wissen von der Erscheinungswelt und der spirituellen Natur, die sich hinter ihr befindet. Der Ursprung beider ist transzendentales Wissen. Der Herr möchte das oben erwähnte System des Wissens erklären, weil Arjuna Sein vertrauter Geweihter und Freund ist. Der Herr hat dies schon zu Beginn des Vierten Kapitels erklärt, und hier wird es bestätigt: nur ein Gottgeweihter kann allumfassendes Wissen direkt vom Herrn durch die Nachfolge der geistigen Meister empfangen. Deshalb sollte man intelligent genug sein, die Quelle allen Wissens zu erkennen, die der Ursprung aller Ursprünge und das einzige Objekt der Meditation bei allen Arten des yoga ist. Wenn der Ursprung aller Ursprünge erkannt ist, wird alles Erkennbare erkannt, und nichts bleibt unerkannt. Die Veden sagen, „yasmin vijñate sarvam eva vijñatam bhavanti.“

VERS 3

मनुष्याणां सहस्रेषु कश्चिद्यतति सिद्धये ।
यततामपि सिद्धानां कश्चिन्मां वेत्ति तत्त्वतः ॥३॥

manuṣyāṇāṁ sahasreṣu
kaścid yatati siddhaye
yatatām api siddhānāṁ
kaścin māṁ vetti tattvataḥ

manuṣyāṇām – von Menschen; sahasreṣu – von vielen Tausenden; kaścit – jemand; yatati – bemüht sich; siddhaye – um Vollkommenheit; yatatām – von denen, die sich so bemühen; api – tatsächlich; siddhānām – von denen, die Vollkommenheit erreicht haben; kaścit – jemand; mām – Mich; vetti – kennt; tattvataḥ – wirklich.

ÜBERSETZUNG

Unter vielen Tausenden von Menschen befindet sich vielleicht einer, der nach Vollkommenheit strebt, und unter denen, die die Vollkommenheit erreicht haben, mag es einen geben, der Mich in Wahrheit kennt.

ERKLÄRUNG

Die Menschen befinden sich auf verschiedenen Stufen, und von vielen Tausenden ist vielleicht einer in ausreichendem Maße an transzendentaler Verwirklichung interessiert, so daß er zu erkennen sucht, was das Selbst, was der Körper und was die Absolute Wahrheit ist. Im allgemeinen geht die Menschheit nur den tierischen Neigungen nach, das heißt Essen, Schlafen, Sich-Verteidigen und Sexualität, und kaum einer ist an transzendentalem Wissen interessiert. Die ersten sechs Kapitel der Gītā sind für diejenigen bestimmt, die an transzendentalem Wissen interessiert sind und die das Selbst, das Überselbst und den Vorgang der Verwirklichung durch jñāna-yoga, dhyāna-yoga und durch die Unterscheidung des Selbst von der Materie verstehen wollen. Kṛṣṇa kann jedoch nur von Menschen erkannt werden, die im Kṛṣṇa-Bewußtsein verankert sind. Andere Transzendentalisten können vielleicht die unpersönliche Brahman-Erkenntnis erlangen, da das Brahman einfacher zu verstehen ist als Kṛṣṇa. Kṛṣṇa ist die Höchste Person, aber gleichzeitig ist Er jenseits von Brahman- und Paramātmā-Erkenntnis. Die yogīs und jñānīs scheitern in ihren Versuchen, Kṛṣṇa zu verstehen, obwohl der Bedeutendste der Unpersönlichkeitsanhänger, Śrīpāda Saṅkarācārya, in seinem Kommentar zur Gītā anerkannt hat, daß Kṛṣṇa der Höchste Persönliche Gott ist. Seine Anhänger jedoch akzeptieren Kṛṣṇa als den Höchsten Herrn nicht, denn es ist sehr schwierig, Kṛṣṇa zu erkennen – selbst wenn man die transzendentale Erkenntnis des unpersönlichen Brahman erreicht hat.

Kṛṣṇa ist der Höchste Persönliche Gott, die Ursache aller Ursachen, der urerste Herr Govinda. Īśvaraḥ paramaḥ kṛṣṇaḥ sac-cid-ānanda-vigrahaḥ anādir ādir govindaḥ sarva-kāraṇa-kāraṇam. Für die Nicht-Gottgeweihten ist es sehr schwierig, Ihn zu erkennen. Obwohl viele Nicht-Gottgeweihte erklären, der Pfad des bhakti (des hingebungsvollen Dienens) sei sehr einfach, können sie ihn doch nicht praktizieren. Wenn der Pfad des bhakti so einfach ist, wie die Nicht-Gottgeweihten behaupten, stellt sich die Frage, warum sie dann einem schwierigen Pfad folgen. In Wirklichkeit jedoch ist der Pfad des bhakti nicht so einfach. Der sogenannte Pfad des bhakti, der von nicht-autorisierten Menschen ohne Wissen von bhakti praktiziert wird, mag einfach sein, aber wenn er wirklich nach den vorgeschriebenen Regeln und Regulierungen praktiziert wird, verlassen die spekulierenden Gelehrten und Philosophen diesen Pfad. Śrīla Rūpa Gosvāmī schreibt im Bhakti-rasāmṛta-sindhu:

śruti-smṛti-purāṇādi-pañcarātra-vidhiṁ vinā
aikāntikī harer bhaktir utpātāyaiva kalpate.

„Hingebungsvolles Dienen für den Herrn, das die autorisierten vedischen Schriften wie die Upaniṣaden, Purāṇas, das Nārada-pañcarātra und andere außer acht läßt, ist nichts als eine unnötige Störung in der Gesellschaft.“

Für den Brahman-verwirklichten Unpersönlichkeitsanhänger oder den Paramātmā-verwirklichten yogī ist es nicht möglich, Kṛṣṇa, den Höchsten Persönlichen Gott, als den Sohn Mutter Yaśodās oder den Wagenlenker Arjunas zu verstehen. Selbst die großen Halbgötter können Kṛṣṇa manchmal nicht begreifen: „muhyanti yat sūrayaḥ“. Der Herr sagt Selbst: „māṁ tu veda na kaścana“. „Niemand kennt Mich wie Ich bin.“ Und wenn jemand Ihn kennt, dann: „sa mahātmā sudurlabhaḥ“. „Solch eine große Seele ist sehr selten.“ Solange man daher dem Herrn nicht liebevoll dient, kann man, selbst wenn man ein großer Gelehrter oder Philosoph ist, Kṛṣṇa nicht wirklich verstehen (tattvataḥ). Nur die reinen Gottgeweihten können ein wenig von den unvorstellbaren transzendentalen Eigenschaften Kṛṣṇas, der Ursache aller Ursachen, verstehen, das heißt von Seiner Allmacht und Fülle, Seinem Reichtum, Seinem Ruhm, Seiner Stärke, Seiner Schönheit, Seinem Wissen und Seiner Entsagung, da Er Seinen Geweihten wohlgesinnt ist. Er ist die höchste Stufe in der Brahman-Erkenntnis, und allein die Gottgeweihten können Ihn so erkennen, wie Er ist. Deshalb wird gesagt:

ataḥ śrī-kṛṣṇa-nāmādi na bhaved grāhyam indriyaiḥ
sevonmukhe hi jihvādau svayam eva sphuraty adaḥ

„Niemand kann mit seinen stumpfen, materiellen Sinnen Kṛṣṇa so verstehen, wie Er ist. Den Gottgeweihten aber offenbart Er sich, denn Er ist über sie erfreut, weil sie Ihm in transzendentaler Liebe dienen.“ (Padma Purāṇa).

VERS 4

भूमिरापोऽनलो वायुः खं मनो बुद्धिरेव च ।
अहङ्कार इतीयं मे भिन्ना प्रकृतिरष्टधा ॥४॥

bhūmir āpo’nalo vāyuḥ
khaṁ mano buddhir eva ca
ahaṅkāra itīyaṁ me
bhinnā prakṛtir aṣṭadhā

bhūmiḥ – Erde; āpaḥ – Wasser; analaḥ – Feuer; vāyuḥ – Luft; kham – Äther; manaḥ – Geist; buddhiḥ – Intelligenz; eva – gewiß; ca – und; ahaṅkāraḥ – falsches Ich; iti – so; iyam – all dies; me – Meine; bhinnā – abgesonderten; prakṛtiḥ – Energien; aṣṭadhā – alle acht zusammen.

ÜBERSETZUNG

Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Geist, Intelligenz und falsches Ich – diese acht Elemente bilden Meine abgesonderten, materiellen Energien.

ERKLÄRUNG

Die Wissenschaft von Gott analysiert die wesenseigene Position Gottes und Seine mannigfaltigen Energien. Die materielle Natur wird prakṛti genannt, und wie im Svatvata Tantra beschrieben wird, ist sie die Energie des Herrn in Seinen verschiedenen puruṣa-Inkarnationen (Erweiterungen):

viṣṇos tu trīṇi rūpāṇi puruṣākhyāny atho viduḥ
ekantu mahataḥ sraṣṭṛ dvitīyaṁ tv aṇḍa-saṁsthitam
tṛtīyaṁ sarvabhūta-sthaṁ tāni jñātvā vimucyate

„Um die materielle Schöpfung zu manifestieren, nimmt Śrī Kṛṣṇas vollständige Erweiterung die Form dreier Viṣṇus an. Der erste, Mahā-Viṣṇu, erschafft die gesamte materielle Energie, die als mahat-tattva bekannt ist. Der zweite, Garbhodakaśāyī Viṣṇu, geht in alle Universen ein, um in ihnen Mannigfaltigkeit zu erschaffen, und der dritte, Kṣīrodakaśāyī Viṣṇu, ist als alldurchdringende Überseele in allen Universen verbreitet und als Paramātmā bekannt, der selbst in den Atomen anwesend ist. Jeder, der diese drei Viṣṇus kennt, kann aus der materiellen Verstrickung befreit werden.“

Die materielle Welt ist eine zeitweilige Manifestation einer der drei Energien des Herrn. Alle Aktivitäten der materiellen Welt werden von den drei Viṣṇu-Erweiterungen Śrī Kṛṣṇas gelenkt. Diese Puruṣas werden Inkarnationen genannt. Wer die Wissenschaft von Gott (Kṛṣṇa) nicht kennt, nimmt im allgemeinen an, die materielle Welt sei für den Genuß der Lebewesen geschaffen und die Lebewesen seien die Ursachen (Puruṣas), die Kontrollierenden und die Genießenden der materiellen Energie. Nach der Bhagavad-gītā ist diese atheistische Schlußfolgerung falsch. In diesem Vers wird gesagt, daß Kṛṣṇa die ursprüngliche Ursache der materiellen Manifestation ist. Das Śrīmad-Bhāgavatam bestätigt dies ebenfalls. Die Bestandteile der materiellen Manifestation sind abgesonderte Energien des Herrn. Selbst das brahmajyoti, das endgültige Ziel der Unpersönlichkeitsanhänger, ist eine spirituelle Energie, die im spirituellen Himmel manifestiert ist. Im brahmajyoti gibt es keine spirituelle Mannigfaltigkeit, wie es sie auf den Vaikuṇṭhalokas gibt; die Unpersönlichkeitsanhänger halten dieses brahmajyoti für das endgültige, ewige Ziel. Die Paramātmā-Manifestation ist ein zeitweiliger, alldurchdringender Aspekt des Kṣīrodakaśāyī Viṣṇu. Auch in der spirituellen Welt ist die Paramātmā-Manifestation nicht ewig. Daher ist die tatsächliche Absolute Wahrheit der Höchste Persönliche Gott, Kṛṣṇa. Er ist die vollkommene Person, der Ursprung aller Energie, und Er besitzt verschiedene abgesonderte und innere Energien.

Wie oben erwähnt wurde, gibt es in der materiellen Energie acht hauptsächliche Manifestationen. Davon sind die ersten fünf Manifestationen – Erde, Wasser, Feuer, Luft und Himmel – die fünf gigantischen bzw. grobstofflichen Schöpfungen, in denen auch die fünf Sinnesobjekte enthalten sind: die Manifestationen materiellen Klangs, materieller Berührung, materieller Form, materiellen Geschmacks und materiellen Geruchs. Die materielle Wissenschaft behandelt lediglich diese zehn Punkte und nichts darüber hinaus. Die anderen drei Punkte – Geist (Verstand), Intelligenz und falsches Ich – werden von den Materialisten vernachlässigt. Philosophen, die sich mit geistigen Aktivitäten befassen, besitzen ebenfalls kein vollkommenes Wissen, denn sie kennen den endgültigen Ursprung, Kṛṣṇa, nicht. Das falsche Ich – „ich bin“ und „dies gehört mir“, das Grundprinzip des materiellen Daseins – schließt zehn Sinnesorgane für materielle Aktivitäten mit ein. Intelligenz bezieht sich auf die gesamte materielle Schöpfung, das mahat-tattva. Deshalb werden aus den acht abgesonderten Energien des Herrn die vierundzwanzig Elemente der materiellen Welt manifestiert, die Gegenstand der atheistischen sāṅkhya-Philosophie sind; sie gehen ursprünglich aus Kṛṣṇas Energien hervor und sind von Ihm getrennt; die atheistischen sāṅkhya-Philosophen, die nur über geringes Wissen verfügen, wissen jedoch nicht, daß Kṛṣṇa die Ursache aller Ursachen ist. Wie in der Bhagavad-gītā gesagt wird, ist der Diskussionsgegenstand der sāṅkhya-Philosophie lediglich die Manifestation der äußeren Energie Kṛṣṇas.

VERS 5

अपरेयमितस्त्वन्यां प्रकृतिं विद्धि मे पराम् ।
जीवभूतां महाबाहो ययेदं धार्यते जगत् ॥५॥

apareyam itas tv anyāṁ
prakṛtiṁ viddhi me parām
jīva-bhūtāṁ mahā-bāho
yayedaṁ dhāryate jagat

aparā – niedrig; iyam – diese; itaḥ – neben dieser; tu – aber; anyām – eine andere; prakṛtim – Energie; viddhi – versuche nur zu verstehen; me – Meine; parām – höhere; jīva-bhūtām – die Lebewesen; mahā-bāho – O Starkarmiger; yayā – durch wen; idam – dieses; dhāryate – benutzt oder ausgebeutet werden; jagat – die materielle Welt.

ÜBERSETZUNG

Außer dieser niederen Natur, o starkarmiger Arjuna, gibt es noch eine höhere Energie – es sind die Lebewesen, die mit der materiellen Natur kämpfen und das Universum erhalten.

ERKLÄRUNG

Hier wird unmißverständlich gesagt, daß die Lebewesen zur höheren Natur bzw. Energie des Herrn gehören. Die niedere Energie ist Materie, die in verschiedenen Elementen wie Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Geist, Intelligenz und falschem Ich manifestiert ist. Beide Formen der materiellen Natur – die grobstoffliche (Erde, usw.), wie die feinstoffliche (Geist, usw.) – sind Produkte der niederen Energie. Die Lebewesen, die diese niederen Energien aus verschiedenen Motiven ausbeuten, sind die höhere Energie des Höchsten Herrn, und aufgrund dieser Energie funktioniert die gesamte materielle Welt. Solange die kosmische Manifestation nicht von der höheren Energie, den Lebewesen, bewegt wird, hat sie keine Macht zu handeln. Energien werden immer vom Ursprung der Energie kontrolliert, und daher werden die Lebewesen immer vom Herrn kontrolliert – sie besitzen kein unabhängiges Dasein. Auch sind sie niemals so mächtig wie Er, wie unintelligente Menschen glauben. Der Unterschied zwischen den Lebewesen und dem Herrn wird im Śrīmad-Bhāgavatam beschrieben:

aparimitā dhruvās tanubhṛto yadi sarva-gatās
tarhiṁ na śāsyateti niyamo dhruva netarathā
ajani ca yanmayaṁ tad avimucya niyantṛ
bhavet samam anujānatāṁ yad-amataṁ mata-duṣṭatayā

„O Höchster Ewiger! Wären die verkörperten Lebewesen ewig und alldurchdringend wie Du, würden sie nicht von Dir kontrolliert. Da sie aber winzige Energiefunken Deiner Herrlichkeit sind, unterliegen sie Deiner höchsten Kontrolle, und daher bedeutet wirkliche Befreiung, daß sich die Lebewesen Deiner Kontrolle hingeben, denn diese Hingabe wird sie glücklich machen. Einzig und allein in dieser wesenseigenen Position können sie Kontrollierende sein. Menschen mit begrenztem Wissen, die die monistische Theorie vertreten, nach der Gott und die Lebewesen in jeder Hinsicht gleich sind, führen deshalb in Wirklichkeit sich und andere in die Irre.“ (Bhāg. 10.87.30)

Der Höchste Herr Kṛṣṇa ist der einzige Kontrollierende, und alle Lebewesen werden von Ihm kontrolliert. Die Lebewesen sind Seine höhere Energie, denn die Qualität ihrer Existenz ist mit der des Höchsten identisch, jedoch kommen sie dem Herrn niemals in der Quantität Seiner Macht gleich. Während die höhere Energie (das Lebewesen) die grobstoffliche und feinstoffliche niedere Energie (Materie) ausbeutet, vergißt sie ihren wirklichen, spirituellen Verstand und ihre wirkliche, spirituelle Intelligenz. Dieses Vergessen ist auf den Einfluß zurückzuführen, den die Materie auf das Lebewesen ausübt. Wenn das Lebewesen jedoch vom Einfluß der illusionierenden, materiellen Energie frei wird, erreicht es die Stufe, die mukti oder Befreiung genannt wird. Unter dem Einfluß der materiellen Illusion denkt das falsche Ich, „ich bin Materie, und materielle Güter gehören mir“. Es verwirklicht seine wahre Position, wenn es von allen materiellen Ideen befreit ist – einschließlich der Vorstellung, in jeder Hinsicht mit Gott eins zu werden. Die Gītā bestätigt also, daß das Lebewesen nur eine der vielen Energien Kṛṣṇas ist. Wenn diese Energie von der materiellen Verschmutzung gereinigt ist, wird sie völlig Kṛṣṇa-bewußt bzw. befreit.

VERS 6

एतद्योनीनि भूतानि सर्वाणीत्युपधारय ।
अहं कृत्स्नस्य जगतः प्रभवः प्रलयस्तथा ॥६॥

etad yonīni bhūtāni
sarvāṇīty upadhāraya
ahaṁ kṛtsnasya jagataḥ
prabhavaḥ pralayas tathā

etat – diese beiden Naturen; yonīni – Quelle der Geburt; bhūtāni – alles Erschaffene; sarvāṇi – alles; iti – so; upadhāraya – wisse; aham – Ich; kṛtsnasya – allumfassend; jagataḥ – der Welt; prabhavaḥ – Quelle der Manifestation; pralayaḥ – Vernichtung; tathā – wie auch.

ÜBERSETZUNG

Wisse, von allem, was materiell und was spirituell ist in dieser Welt, bin Ich sowohl der Ursprung als auch die Auflösung.

ERKLÄRUNG

Alles, was existiert, ist ein Produkt der materiellen und spirituellen Natur. Die spirituelle Natur ist die Grundlage der Schöpfung, und die Materie wird von der spirituellen Natur erschaffen. Die Theorie, nach der die spirituelle Natur entsteht, wenn die materielle Natur eine bestimmte Stufe der Entwicklung erreicht hat, ist falsch. Vielmehr ist die materielle Welt nur auf der Grundlage der spirituellen Energie manifestiert. Unser materieller Körper wird entwickelt, weil die spirituelle Natur in der Materie gegenwärtig ist; ein Kind wächst allmählich zum Knaben und dann zum Mann heran, weil diese höhere Energie, die spirituelle Seele, gegenwärtig ist. Und in ähnlicher Weise wird die gesamte kosmische Manifestation des gigantischen Universums entwickelt, weil die Überseele, Viṣṇu, gegenwärtig ist. Deshalb sind die spirituelle und die materielle Natur, die sich verbinden, um diese gigantische universale Form zu manifestieren, ursprünglich zwei Energien des Herrn, und folglich ist der Herr die ursprüngliche Ursache allen Seins. Ein fragmentarisches Bestandteil des Herrn – das Lebewesen nämlich – kann durch Manipulation der materiellen Energie einen Wolkenkratzer, eine Fabrik oder eine Stadt konstruieren, es kann jedoch nicht Materie aus dem Nichts erschaffen, und gewiß kann es auch keinen Planeten und kein Universum hervorbringen. Die Ursache des Universums ist die Überseele, Kṛṣṇa, der Höchste Schöpfer aller individuellen Seelen und die ursprüngliche Ursache aller Ursachen. Dies wird in der Kaṭha Upaniṣad bestätigt: nityo nityānāṁ cetanaś cetanānām.

VERS 7

मत्तः परतरं नान्यत्किञ्चिदस्ति धनञ्जय ।
मयि सर्वमिदं प्रोतं सूत्रे मणिगणा इव ॥७॥

mattaḥ parataraṁ nānyat
kiñcid asti dhanañjaya
mayi sarvam idaṁ protaṁ
sūtre maṇi-gaṇā iva

mattaḥ – jenseits von Mir; parataram – höher; na – nicht; anyat – irgend etwas anderes; kiñcit – etwas; asti – es gibt; dhanañjaya – O Gewinner von Reichtum; mayi – in Mir; sarvam – alles, was ist; idam – was wir sehen; protam – aufgereiht; sūtre – auf einer Schnur; maṇi-gaṇāḥ – Perlen; iva – verglichen mit.

ÜBERSETZUNG

O Gewinner von Reichtum [Arjuna], es gibt keine Wahrheit über Mir. Alles ruht auf Mir wie Perlen auf einer Schnur.

ERKLÄRUNG

Es ist eine allgemeine Streitfrage, ob die Höchste Wahrheit persönlich oder unpersönlich ist. Soweit es die Bhagavad-gītā betrifft, ist die Absolute Wahrheit der Persönliche Gott Śrī Kṛṣṇa, und dies wird auf jeder Seite bestätigt. Besonders in diesem Vers wird betont, daß die Absolute Wahrheit eine Person ist. Auch in der Brahma-saṁhitā wird bestätigt, daß der Persönliche Gott die Höchste Absolute Wahrheit ist:

īśvaraḥ paramaḥ kṛṣṇaḥ sac-cid-ānanda-vigrahaḥ.

„Die Höchste Absolute Wahrheit, der Persönliche Gott, ist Śrī Kṛṣṇa. Er ist der urerste Herr, die Quelle aller Freude, Govinda, und die ewige Gestalt vollkommener Glückseligkeit und vollkommenen Wissens.“ (Bs. 5.1)

Diese Autoritäten lassen keinen Zweifel darüber, daß die Absolute Wahrheit die Höchste Person, die Ursache aller Ursachen, ist. Doch die Unpersönlichkeitsanhänger argumentieren wie folgt, wobei sie sich auf die vedische Darstellung in der Śvetāśvatara Upaniṣad berufen:

tato yad uttarataraṁ tad
arūpam anāmayaṁ ya etad
vidur amṛtās te bhavanti
athetare duḥkham evāpi yanti

„In der materiellen Welt ist Brahmā das urerste Lebewesen im Universum; er ist der Höchste unter den Halbgöttern, Menschen und niederen Tieren. Doch jenseits von Brahmā ist die Transzendenz, die keine materielle Form hat und die frei von allen materiellen Verunreinigungen ist. Jeder, der das Absolute erkennen kann, wird ebenfalls transzendental, aber diejenigen, die Es nicht kennen, müssen die Leiden der materiellen Welt ertragen.“

Die Unpersönlichkeitsanhänger legen mehr Nachdruck auf das Wort arūpam, aber dieses arūpam bedeutet nicht unpersönlich. Es weist auf die transzendentale, ewige Gestalt voller Glückseligkeit und Wissen hin, die in der Brahma-saṁhitā (wie oben zitiert) beschrieben wird. Andere Verse in der Śvetāśvatara Upaniṣad bestätigen dies wie folgt:

vedāham etaṁ puruṣaṁ
mahāntam āditya-varṇaṁ
tamasaḥ parastāt tam eva
vidvān amṛta iha bhavati

nānyaḥ panthā vidyate
ayanāya yasmāt paraṁ nāparam
asti kiñcid yasmānnāṇīyo
na jyāyo ’sti kiñcit

„Ich kenne diesen Höchsten Persönlichen Gott, der transzendental, jenseits aller materiellen Vorstellungen ist. Nur wer Ihn kennt, kann die Fessel von Geburt und Tod hinter sich lassen. Es gibt keinen anderen Weg zur Befreiung als die Erkenntnis der Höchsten Person.“

Es gibt keine höhere Wahrheit als diese Höchste Person, denn Er ist der Allerhöchste. Er ist kleiner als das Kleinste, und Er ist größer als das Größte. Er gleicht einem stillen Baum, und Er erleuchtet den transzendentalen Himmel, und wie ein Baum seine Wurzeln ausbreitet, so verbreitet Er Seine weitreichenden Energien.“

Aus diesen Versen kann man ersehen, daß die Höchste Absolute Wahrheit der Höchste Persönliche Gott ist, der durch Seine vielfältigen materiellen und spirituellen Energien alldurchdringend ist.

VERS 8

रसोऽहमप्सु कौन्तेय प्रभास्मि शशिसूर्ययोः ।
प्रणवः सर्ववेदेषु शब्दः खे पौरुषं नृषु ॥८॥

raso’ham apsu kaunteya
prabhāsmi śaśi-sūryayoḥ
praṇavaḥ sarva-vedeṣu
śabdaḥ khe pauruṣaṁ nṛṣu

rasaḥ – Geschmack; aham – Ich; apsu – im Wasser; kaunteya – O Sohn Kuntīs; prabhā asmi – Ich bin das Licht; śaśi-sūryayoḥ – in der Sonne und im Mond; praṇavaḥ – die drei Buchstaben A.U.M.; sarva – in allen; vedeṣu – in den Veden; śabdaḥ – Klangschwingung; khe – im Äther; pauruṣam – Fähigkeit; nṛṣu – im Menschen.

ÜBERSETZUNG

O Sohn Kuntīs, Ich bin der Geschmack des Wassers, das Licht der Sonne und des Mondes und die Silbe om in den vedischen mantras; Ich bin der Klang im Äther und die Fähigkeit im Menschen.

ERKLÄRUNG

Dieser Vers erklärt, wie der Herr durch Seine mannigfaltigen materiellen und spirituellen Energien alldurchdringend ist. Der Höchste Herr kann als erstes durch Seine verschiedenen Energien wahrgenommen werden, und auf diese Weise wird Er in Seinem unpersönlichen Aspekt verwirklicht. Ähnlich wie der Sonnengott eine Person ist und durch seine alldurchdringende Energie, den Sonnenschein, wahrgenommen wird, so wird der Herr – obwohl Er in Seinem ewigen Reiche weilt – durch Seine überall verbreiteten, alldurchdringenden Energien wahrgenommen. Der Geschmack des Wassers ist das aktive Prinzip des Wassers. Niemand trinkt gerne Seewasser, weil der reine Geschmack des Wassers mit Salz vermischt ist. Der Wert des Wassers beruht auf der Reinheit seines Geschmacks, und dieser reine Geschmack ist eine der Energien des Herrn. Der Unpersönlichkeitsanhänger nimmt die Gegenwart des Herrn im Wasser im Geschmack des Wassers wahr, und der Anhänger des Persönlichen preist den Herrn, weil dieser so gütig ist, für Wasser zu sorgen, um den Durst des Menschen zu stillen. Das ist der Weg, den Höchsten wahrzunehmen. Im Grunde genommen gibt es zwischen der Persönlichkeitslehre und der Unpersönlichkeitslehre keinen Widerstreit. Wer Gott kennt, weiß, daß die unpersönliche und die persönliche Auffassung gleichzeitig in allem gegenwärtig sind und daß es dabei keinen Widerspruch gibt. Deshalb stellte Śrī Kṛṣṇa Caitanya Seine erhabene Lehre auf: acintya-bheda und abheda-tattvam – gleichzeitig eins und verschieden.

Das Licht der Sonne und des Mondes geht ebenfalls ursprünglich vom brahmajyoti aus, der unpersönlichen Ausstrahlung des Herrn.

Auch praṇava (der transzendentale Klang omkāra), der am Anfang jeder vedischen Hymne vibriert wird, um den Höchsten Herrn anzurufen, geht ebenfalls von Ihm aus. Weil die Unpersönlichkeitsanhänger große Angst haben, den Höchsten Herrn Kṛṣṇa bei Seinen unzähligen Namen anzurufen, ziehen sie es vor, den transzendentalen Klang omkāra zu vibrieren. Aber sie erkennen nicht, daß omkāra die Klangrepräsentation Kṛṣṇas ist. Der Einfluß des Kṛṣṇa-Bewußtseins erstreckt sich in alle Bereiche, und wer Kṛṣṇa-Bewußtsein kennt, ist gesegnet. Diejenigen, die Kṛṣṇa nicht kennen, befinden sich in Illusion, und somit bedeutet Wissen über Kṛṣṇa Befreiung und Unwissenheit Bindung.

VERS 9

पुण्यो गन्धः पृथिव्याञ्च तेजश्चास्मि विभावसौ ।
जीवनं सर्वभूतेषु तपश्चास्मि तपस्विषु ॥९॥

puṇyo gandhaḥ pṛthivyāṁ ca
tejaś cāsmi vibhāvasau
jīvanaṁ sarva-bhūteṣu
tapaś cāsmi tapasviṣu

puṇyaḥ – ursprünglich; gandhaḥ – Duft; pṛthivyām – in der Erde; ca – auch; tejaḥ – Temperatur; ca – auch; asmi – Ich bin; vibhāvasau – im Feuer; jīvanam – Leben; sarva – alle; bhūteṣu – Lebewesen; tapaḥ – Buße; ca – auch; asmi – Ich bin; tapasviṣu – in denen, die sich Bußen auferlegen.

ÜBERSETZUNG

Ich bin der ursprüngliche Duft der Erde und die Hitze im Feuer. Ich bin das Leben in allem Lebendigen, und Ich bin die Buße aller Asketen.

ERKLÄRUNG

Puṇya bedeutet das, was nicht zersetzt ist – puṇya bedeutet ursprünglich. Alles in der materiellen Welt hat einen bestimmten Geruch oder Duft, wie zum Beispiel der Wohlgeruch und Duft einer Blume oder der Duft in der Erde, im Wasser, im Feuer oder in der Luft. Der nicht verunreinigte Duft, der ursprüngliche Duft, der alles durchdringt, ist Kṛṣṇa. In ähnlicher Weise hat auch alles einen bestimmten, ursprünglichen Geschmack, der jedoch durch die Vermischung mit Chemikalien verändert werden kann. Alles Ursprüngliche hat also einen Geruch, einen Duft und einen Geschmack.

Vibhāva bedeutet Feuer. Ohne Feuer können wir keine Fabriken unterhalten, nicht kochen usw., Kṛṣṇa ist dieses Feuer bzw. die Hitze im Feuer. Nach dem vedischen Wissen von Medizin haben Verdauungsstörungen ihre Ursache in einer zu niedrigen Temperatur im Magen. Selbst für die Verdauung ist also Feuer notwendig. Im Kṛṣṇa-Bewußtsein werden wir uns darüber bewußt, daß Erde, Wasser, Feuer, Luft und jedes aktive Prinzip, alle Chemikalien und alle materiellen Elemente ihren Ursprung in Kṛṣṇa haben. Auch die Lebensdauer eines Menschen hängt von Kṛṣṇa ab. Durch die Gnade Kṛṣṇas kann deshalb ein Mensch sein Leben verlängern oder verkürzen. Kṛṣṇa-Bewußtsein umfaßt somit jeden Lebensbereich.

VERS 10

बीजं मां सर्वभूतानां विद्धि पार्थ सनातनम् ।
बुद्धिर्बुद्धिमतामस्मि तेजस्तेजस्विनामहम् ॥१०॥

bījaṁ māṁ sarva-bhūtānāṁ
viddhi pārtha sanātanam
buddhir buddhimatām asmi
tejas tejasvinām aham

bījam – Same; mām – zu Mir; sarva-bhūtānām – aller Lebewesen; viddhi – versuche zu verstehen; pārtha – O Sohn Pṛthās; sanātanam – ursprünglich, ewig; buddhiḥ – Intelligenz; buddhimatām – der Intelligenten; asmi – Ich bin; tejaḥ – Kühnheit; tejasvinām – der Mächtigen; aham – Ich bin.

ÜBERSETZUNG

O Sohn Pṛthās, wisse, daß Ich der ursprüngliche Same allen Seins, die Intelligenz der Intelligenten und die Kühnheit aller mächtigen Menschen bin.

ERKLÄRUNG

Bījam bedeutet Same, und Kṛṣṇa ist der Same allen Seins. In Verbindung mit der materiellen Natur entwickelt sich der Same zu verschiedenartigen sich bewegenden und sich nichtbewegenden Lebewesen. Vögel, Säugetiere, Menschen und viele andere Geschöpfe sind Lebewesen, die sich bewegen; Bäume und Pflanzen jedoch sind unbeweglich. Jedes Lebewesen ist in den 8 400 000 Arten des Lebens enthalten – einige von ihnen bewegen sich, und andere bewegen sich nicht. In jedem Falle aber ist Kṛṣṇa der Same ihres Lebens. Wie in den vedischen Schriften gesagt wird, ist das Brahman bzw. die Höchste Absolute Wahrheit das, von dem alles ausgeht. Kṛṣṇa ist Parabrahman, das Höchste Spirituelle Wesen. Brahman ist unpersönlich, doch Parabrahman ist persönlich. Das unpersönliche Brahman ist im persönlichen Aspekt enthalten – dies wird in der Bhagavad-gītā erklärt. Daher ist ursprünglich Kṛṣṇa die Quelle allen Seins; Er ist die Wurzel. Wie die Wurzel eines Baumes den gesamten Baum versorgt, so erhält Kṛṣṇa, weil Er die ursprüngliche Wurzel alles Existierenden ist, die gesamte materielle Manifestation. Dies wird ebenfalls in den vedischen Schriften bestätigt: Yato vā imāni bhūtāni jāyante. „Die Höchste Absolute Wahrheit ist das, von dem alles geboren ist.“ Er ist der höchste Ewige unter allen Ewigen. Er ist das höchste Lebewesen unter allen Lebewesen, und Er allein erhält alles Leben.

Kṛṣṇa sagt auch, daß Er die Wurzel aller Intelligenz ist. Wenn ein Mensch nicht intelligent ist, kann er den Höchsten Persönlichen Gott, Kṛṣṇa, nicht verstehen.

VERS 11

बलं बलवतां चाहं कामरागविवर्जितम् ।
धर्माविरुद्धो भूतेषु कामोऽस्मि भरतर्षभ ॥११॥

balaṁ balavatāṁ cāhaṁ
kāma-rāga-vivarjitam
dharmāviruddho bhūteṣu
kāmo’smi bharatarṣabha

balam – Stärke; balavatam – der Starken; ca – und; aham – Ich bin; kāma – Leidenschaft; rāga – Anhaftung; vivarjitam – frei von; dharma-aviruddha – nicht gegen die religiösen Prinzipien; bhūteṣu – in allen Wesen; kāmaḥ – Sexualität; asmi – Ich bin; bharatarṣabha – O Herrscher der Bhāratas.

ÜBERSETZUNG

O Oberhaupt der Bhāratas, Ich bin die Stärke der Starken, die frei von Leidenschaft und Verlangen sind, und Ich bin die Sexualität, die nicht im Widerspruch zu den religiösen Prinzipien steht.

ERKLÄRUNG

Die Stärke eines starken Mannes sollte angewendet werden, um die Schwachen zu schützen, und nicht, um andere anzugreifen.

In ähnlicher Weise sollte Sexualität in Übereinstimmung mit den religiösen Prinzipien (dharma) benutzt werden, um Kinder zu zeugen, und sonst nicht. Die Verantwortung der Eltern besteht darin, Ihre Kinder Kṛṣṇa-bewußt zu erziehen.

VERS 12

ये चैव सात्त्विका भावा राजसास्तामसाश्च ये ।
मत्त एवेति तान्विद्धि न त्वहं तेषु ते मयि ॥१२॥

ye caiva sāttvikā bhāvā
rājasās tāmasāś ca ye
matta eveti tān viddhi
na tv ahaṁ teṣu te mayi

ye – all diejenigen; ca – und; eva – gewiß; sāttvikāḥ – in Reinheit; bhāvāḥ – Zustände des Seins; rājasāḥ – Erscheinungsweise der Leidenschaft; tāmasāḥ – Erscheinungsweise der Unwissenheit; ca – auch; ye – obwohl; mattaḥ – von Mir; eva – gewiß; iti – so; tān – diejenigen; viddhi – versuche zu verstehen; na – nicht; tu – aber; aham – Ich; teṣu – in denen; te – sie; mayi – zu Mir.

ÜBERSETZUNG

Alle Zustände des Seins – seien sie in Reinheit, Leidenschaft oder Unwissenheit – werden von Meiner Energie manifestiert. In gewissem Sinn bin Ich alles, doch Ich bin unabhängig. Ich stehe nicht unter dem Einfluß der Erscheinungsweisen der materiellen Natur.

ERKLÄRUNG

Alle materiellen Aktivitäten in der Welt werden unter dem Einfluß der drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur ausgeführt. Obwohl diese materiellen Erscheinungsweisen der Natur vom Höchsten Herrn, Kṛṣṇa, ausgehen, ist Er ihnen dennoch nicht unterworfen. Ein Bürger beispielsweise kann von den Gesetzen des Staates bestraft werden, doch der König, der Gesetzgeber, ist diesen Gesetzen nicht unterworfen. In ähnlicher Weise gehen alle Erscheinungsweisen der materiellen Natur – das heißt Reinheit, Leidenschaft und Unwissenheit – vom Höchsten Herrn Kṛṣṇa aus, doch Kṛṣṇa ist der materiellen Natur nicht unterworfen. Deshalb ist Er nirguṇa, was bedeutet, daß Ihn diese guṇas oder Erscheinungsweisen nicht beeinflussen, obwohl sie aus Ihm hervorgehen. Das ist eines der besonderen Kennzeichen Bhagavāns, des Höchsten Persönlichen Gottes.

VERS 13

त्रिभिर्गुणमयैर्भावैरेभिः सर्वमिदं जगत् ।
मोहितं नाभिजानाति मामेभ्यः परमव्ययम् ॥१३॥

tribhir guṇamayair bhāvair
ebhiḥ sarvam idaṁ jagat
mohitaṁ nābhijānāti
mām ebhyaḥ param avyayam

tribhiḥ – drei; guṇamayaiḥ – von den drei Erscheinungsweisen; bhāvaiḥ – Seinszustand; ebhiḥ – all dieses; sarvam – die gesamte Welt; idam – in dieser Welt; jagat – Universum; mohitam – getäuscht; na abhijānāti – kennt nicht; mām – Mich; ebhyaḥ – über diesen; param – der Höchste; avyayam – unerschöpflich.

ÜBERSETZUNG

Getäuscht von den drei Erscheinungsweisen [Reinheit, Leidenschaft und Unwissenheit], kennt die gesamte Welt Mich nicht, der Ich über den Erscheinungsweisen stehe und unerschöpflich bin.

ERKLÄRUNG

Die gesamte Welt wird von den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur bezaubert. Diejenigen, die von diesen drei Erscheinungsweisen verwirrt sind, können nicht verstehen, daß der Höchste Herr, Kṛṣṇa, transzendental zur materiellen Natur ist. In der materiellen Welt steht jeder unter dem Einfluß dieser drei guṇas und ist deshalb verwirrt.

Von Natur aus haben die Lebewesen bestimmte Körper, und in Entsprechung zu diesen führen sie bestimmte psychische und biologische Aktivitäten aus. Es gibt vier Gruppen von Menschen, die in den drei materiellen Erscheinungsweisen der Natur handeln. Diejenigen, die sich völlig in der Erscheinungsweise der Reinheit befinden, werden brāhmaṇas genannt. Diejenigen, die sich völlig in der Erscheinungsweise der Leidenschaft befinden, werden kṣatriyas genannt. Diejenigen, die sich sowohl in der Erscheinungsweise der Leidenschaft als auch in der Erscheinungsweise der Unwissenheit befinden, werden vaiśyas genannt. Diejenigen, die sich vollständig in Unwissenheit befinden, werden śūdras genannt, und diejenigen, die niedriger als śūdras sind, sind Tiere, das heißt, sie führen ein tierisches Leben. Diese Bezeichnungen sind jedoch nicht unveränderlich. Ganz gleich, ob ich brāhmaṇa, kṣatriya, vaiśya oder was auch immer bin – in jedem Fall ist mein Leben zeitweilig. Aber obwohl das Leben zeitweilig ist, und wir nicht wissen, was wir im nächsten Leben sein werden, sehen wir uns dennoch, durch den Zauber der illusionierenden Energie, im Licht der körperlichen Auffassung des Lebens und glauben daher, Amerikaner, Inder, Russen oder brāhmaṇa, Hindu oder Moslem zu sein. Und wenn wir in die Erscheinungsweisen der materiellen Natur verstrickt werden, vergessen wir den Höchsten Persönlichen Gott, der Sich hinter all diesen Erscheinungsweisen befindet. Daher sagt Śrī Kṛṣṇa, daß die Menschen, die von diesen Erscheinungsweisen der Natur getäuscht werden, nicht verstehen, daß Sich hinter dem materiellen Hintergrund der Höchste Gott befindet.

Es gibt viele verschiedene Arten von Lebewesen – Menschen, Halbgötter, Tiere usw. – und jedes einzelne von ihnen steht unter dem Einfluß der materiellen Natur, und sie alle haben den transzendentalen Persönlichen Gott vergessen. Diejenigen, die sich in den Erscheinungsweisen der Leidenschaft und Unwissenheit, und selbst diejenigen, die sich in der Erscheinungsweise der Reinheit befinden, können nicht über die unpersönliche Brahman-Vorstellung von der Absoluten Wahrheit hinausgelangen. Sie können den Höchsten Herrn in Seinem persönlichen Aspekt nicht verstehen, der alle Schönheit, allen Reichtum, alles Wissen, alle Stärke, allen Ruhm und alle Entsagung in Sich birgt. Wenn Ihn selbst diejenigen nicht verstehen, die sich in Reinheit befinden, welche Hoffnung besteht dann für solche, die in Leidenschaft und Unwissenheit sind? Kṛṣṇa-Bewußtsein ist transzendental zu den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur, und diejenigen, die wahrhaft im Kṛṣṇa-Bewußtsein verankert sind, sind im Grunde befreit.

VERS 14

दैवी ह्येषा गुणमयी मम माया दुरत्यया ।
मामेव ये प्रपद्यन्ते मायामेतां तरन्ति ते ॥१४॥

daivī hy eṣā guṇamayī
mama māyā duratyayā
mām eva ye prapadyante
māyām etāṁ taranti te

daivī – transzendental; hi – zweifellos; eṣā – diese; guṇamayī – die aus den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur besteht; mama – Meine; māyā – Energie; duratyayā – sehr schwer zu überwinden; mām – Mir; eva – gewiß; ye – diejenigen; prapadyante – sich hingeben; māyām etām – diese illusionierende Energie; taranti – überwinden; te – sie.

ÜBERSETZUNG

Diese Meine göttliche Energie, die aus den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur besteht, ist sehr schwer zu überwinden. Doch wer sich Mir hingegeben hat, kann sie sehr leicht hinter sich lassen.

ERKLÄRUNG

Der Höchste Persönliche Gott besitzt unzählige Energien, und all diese Energien sind göttlich. Obwohl die Lebewesen ein Teil Seiner Energien und daher göttlich sind, ist ihre ursprüngliche höhere Kraft durch Berührung mit der materiellen Energie bedeckt. Wenn man auf diese Weise von der materiellen Energie bedeckt ist, kann man unmöglich ihren Einfluß überwinden. Wie schon zuvor gesagt wurde, sind sowohl die materielle als auch die spirituelle Natur ewig, weil sie vom Höchsten Persönlichen Gott ausgehen. Die Lebewesen gehören zur ewigen, höheren Natur des Herrn, aber weil sie durch die niedere Natur, die Materie, verunreinigt sind, ist ihre Illusion ebenfalls ewig. Die bedingte Seele wird deshalb nitya-baddha (ewig bedingt) genannt. Niemand kann herausfinden, zu welchem Zeitpunkt in der materiellen Geschichte sie bedingt worden ist. Folglich ist es für sie sehr schwer, den Klauen der materiellen Natur zu entkommen – obwohl diese materielle Natur eine niedere Energie ist –, denn die materielle Energie wird letzten Endes vom höchsten Willen gelenkt, den das Lebewesen nicht überwinden kann. Die niedere, materielle Natur wird hier als göttliche Natur beschrieben, weil sie mit dem Göttlichen verbunden ist und vom göttlichen Willen bewegt wird. Da die materielle Natur vom göttlichen Willen gelenkt wird, wirkt sie sich – obwohl von niederer Natur – beim Aufbau und bei der Zerstörung der kosmischen Manifestation in wunderbarer Weise aus. Die Veden bestätigen dies wie folgt:

māyāṁ tu prakṛtim vidyān māyinaṁ tu maheśvaram.

„Obwohl māyā (Illusion) falsch bzw. zeitweilig ist, ist der Hintergrund māyās der höchste Magier, der Persönliche Gott, welcher Maheśvara, der höchste Kontrollierende genannt wird.“

Eine andere Bedeutung von guṇa ist Seil; man sagt, die bedingte Seele sei von den Stricken der Illusion gefesselt. Ein Mensch, der an Händen und Füßen gefesselt ist, kann sich nicht selbst befreien, sondern muß von einem Menschen losgeschnitten werden, der nicht gefesselt ist. Weil der Gefesselte dem Gefesselten nicht helfen kann, muß der Retter frei sein. Daher kann einzig und allein Śrī Kṛṣṇa oder Sein echter Repräsentant, der geistige Meister, die bedingte Seele befreien. Ohne solche höhere Hilfe kann man nicht von der Fessel der materiellen Natur befreit werden. Hingebungsvolles Dienen bzw. Kṛṣṇa-Bewußtsein kann einem Menschen helfen, diese Befreiung zu erlangen. Da Kṛṣṇa der Herr der illusionierenden Energie ist, kann Er dieser unüberwindlichen Energie befehlen, die bedingte Seele freizulassen. Er befiehlt diese Freilassung aus Seiner grundlosen Barmherzigkeit gegenüber der hingegebenen Seele und aus Seiner väterlichen Zuneigung für das Lebewesen, das ursprünglich ein geliebter Sohn des Herrn ist. Sich den Lotusfüßen des Herrn hinzugeben, ist daher das einzige Mittel, aus der Gewalt der strengen materiellen Natur befreit zu werden.

Die Worte mām eva sind ebenfalls von Bedeutung. Mām bedeutet allein zu Kṛṣṇa (Viṣṇu), und nicht zu Brahmā oder Śiva. Obwohl Brahmā und Śiva auf einer sehr hohen Stufe stehen und sich fast auf der gleichen Ebene wie Viṣṇu befinden, ist es für diese Inkarnationen von rājo-guṇa (Leidenschaft) und tamo-guṇa (Unwissenheit) nicht möglich, die bedingte Seele aus den Klauen māyās zu befreien. Mit anderen Worten, auch Brahmā und Śiva sind dem Einfluß māyās unterworfen. Allein Viṣṇu ist der Herr über māyā; deshalb kann nur Er die bedingte Seele befreien. Die Veden bestätigen dies mit dem Satz, tvam eva viditvā: „Freiheit ist nur möglich, wenn man Kṛṣṇa versteht.“ Selbst Śiva bestätigt, daß Befreiung nur durch die Barmherzigkeit Viṣṇus erreicht werden kann. Śiva sagt:

mukti-pradātā sarveṣāṁ viṣṇur eva na saṁśayaḥ.

„Es besteht kein Zweifel darüber, daß Viṣṇu es ist, der jedem Befreiung gewährt.“

VERS 15

न मां दुष्कृतिनो मूढाः प्रपद्यन्ते नराधमाः ।
माययापहृतज्ञाना आसुरं भावमाश्रिताः ॥१५॥

na māṁ duṣkṛtino mūḍhāḥ
prapadyante narādhamāḥ
māyayāpahṛta-jñānā
āsuraṁ bhāvam āśritāḥ

na – nicht; mām – zu Mir; duṣkṛtinaḥ – Schurken; mūḍhāḥ – Dummköpfe; prapadyante – sich hingeben; narādhamāḥ – Niedrigsten der Menschheit; māyayā – durch die illusionierende Energie; apahṛta – von Illusion gestohlen; jñānāḥ – Wissen; āsuram – dämonisch; bhāvam – Natur; āśritāḥ – indem sie akzeptieren.

ÜBERSETZUNG

Die Schurken, die abgestumpft und dumm, die die Niedrigsten der Menschheit sind, deren Wissen von Illusion gestohlen ist, und die das atheistische Wesen von Dämonen haben, geben sich Mir nicht hin.

ERKLÄRUNG

In der Bhagavad-gītā wird gesagt, daß man die strengen Gesetze der materiellen Natur überwinden kann, wenn man sich einfach den Lotusfüßen der Höchsten Persönlichkeit Kṛṣṇa hingibt. An diesem Punkt stellt sich folgende Frage: wie ist es möglich, daß gebildete Philosophen, Wissenschaftler, Geschäftsleute, Politiker und all die Führer der gewöhnlichen Menschen sich den Lotusfüßen Śrī Kṛṣṇas, des allmächtigen Persönlichen Gottes, nicht hingeben? Die Führer der Menschheit suchen schon seit langer Zeit auf verschiedene Weise und mit großen Plänen und großer Ausdauer nach mukti bzw. Befreiung von den Gesetzen der materiellen Natur; doch wenn diese Befreiung möglich ist, indem man sich einfach den Lotusfüßen des Höchsten Persönlichen Gottes hingibt, warum nehmen dann diese intelligenten und hart arbeitenden Führer nicht diese einfache Methode an?

Die Gītā beantwortet diese Frage sehr offen. Die wirklich gelehrten Führer der Gesellschaft, wie Brahmā, Śiva, Kapila, die Kumāras, Manu, Vyāsa, Devala, Asita, Janaka, Prahlāda, Bali und später Madhvācārya, Rāmānujācārya, Śrī Caitanya und viele andere – die gläubige Philosophen, Politiker, Erzieher, Wissenschaftler usw. sind –, geben sich den Lotusfüßen der Höchsten Person, der allmächtigen Autorität, hin. Diejenigen jedoch, die nicht wahrhafte Philosophen, Wissenschaftler, Erzieher oder Politiker sind, die sich aber als solche ausgeben, um materiellen Gewinn zu erlangen, akzeptieren den Plan bzw. Pfad des Höchsten Herrn nicht. Sie haben keine Vorstellung von Gott, sondern fabrizieren lediglich ihre eigenen weltlichen Pläne und machen daher die Probleme des materiellen Daseins, mit ihren vergeblichen Versuchen, sie zu lösen, nur noch komplizierter. Weil die materielle Energie (Natur) sehr mächtig ist, kann sie die unautorisierten Pläne der Atheisten durchkreuzen und das Wissen der „Planungskommissionen“ zunichte machen.

Die atheistischen Plänemacher werden hier mit dem Wort duṣkṛtina (Schurken) bezeichnet. Kṛtina wird jemand genannt, der sich verdient gemacht hat. Auch der atheistische Plänemacher ist manchmal sehr intelligent und verdient Anerkennung, denn jeder gigantische Plan – ob gut oder schlecht – erfordert Intelligenz, um ausgeführt zu werden. Weil aber das Gehirn der Atheisten in falscher Weise benutzt wird – um nämlich dem Plan des Höchsten Herrn entgegenzuwirken – wird der atheistische Plänemacher duṣkṛtinaḥ genannt, was darauf hinweist, daß seine Intelligenz und seine Anstrengungen in die falsche Richtung gelenkt sind.

In der Gītā wird deutlich erklärt, daß die materielle Energie völlig nach der Anweisung des Höchsten Herrn aktiv ist. Sie hat keine unabhängige Autorität. Sie wirkt, wie sich der Schatten bewegt – in Übereinstimmung mit den Bewegungen des Objekts. Aber dennoch ist die materielle Energie sehr mächtig, und weder kann der Atheist aufgrund seines gottlosen Charakters wissen, wie sie arbeitet, noch kann er den Plan des Höchsten Herrn kennen. Unter den Einflüssen der Illusion und der Erscheinungsweisen der Leidenschaft und Unwissenheit werden all seine Pläne zunichte gemacht, wie es bei Hiraṇyakaśipu und Rāvaṇa der Fall war, deren Pläne zu Staub zerschlagen wurden, obwohl beide als Wissenschaftler, Philosophen, Politiker und Erzieher in materieller Hinsicht sehr weit fortgeschritten waren. Es gibt vier Arten von duṣkṛtinaḥ (Schurken), die wie folgt beschrieben werden:

(1) Die mūḍhas sind diejenigen, die abgestumpft und dumm wie schwer arbeitende Lasttiere sind. Sie wollen die Früchte ihrer Arbeit selbst genießen und daher mit dem Höchsten nicht teilen. Das typische Beispiel eines Lasttieres ist der Esel. Dieses anspruchslose Tier wird von seinem Herrn gezwungen, sehr schwer zu arbeiten. Der Esel weiß nicht, für wen er eigentlich Tag und Nacht so schwer arbeitet; er ist zufrieden, wenn er seinen Magen mit einer Handvoll Gras füllt, wenn er eine Weile schläft, wobei er befürchten muß, von seinem Herrn geschlagen zu werden, und wenn er seine sexuellen Verlangen befriedigen kann, mit dem Risiko, immer wieder von der Eselin getreten zu werden. Der Esel singt auch manchmal Poesie und Philosophie, doch dieses iahen stört andere nur. Das ist die Position des dummen, fruchtbringenden Arbeiters, der nicht weiß, für wen er arbeiten soll. Denn er weiß nicht, daß karma (Handlung) für yajña (Opfer) bestimmt ist.

Diejenigen, die Tag und Nacht sehr schwer arbeiten, um die Last selbstgeschaffener Pflichten zu erleichtern, sagen meist, sie hätten keine Zeit, über die Unsterblichkeit des Lebewesens zu hören. Für solche mūḍhas sind vergängliche, materielle Gewinne das Ein und Alles ihres Lebens – obwohl sie nur einen geringen Teil der Früchte ihrer Arbeit genießen. Manchmal verbringen sie schlaflose Tage und Nächte, um Gewinn zu erlangen, und obwohl sie an Magengeschwüren oder Verdauungsstörungen leiden, essen sie fast nichts, sondern sind Tag und Nacht in harte Arbeit zum Nutzen illusorischer Meister vertieft. Weil sie ihren wirklichen Meister nicht kennen, verschwenden die dummen Arbeiter die Zeit damit, dem Mammon zu dienen. Weder geben sie sich unglücklicherweise jemals dem höchsten Meister aller Meister hin, noch nehmen sie sich Zeit, von den richtigen Autoritäten über Ihn zu hören. Das Schwein, das Abfall frißt, kümmert sich nicht um Süßigkeiten, die aus Zucker und ghee (geklärter Butter) bestehen. In ähnlicher Weise werden die dummen Arbeiter fortfahren, unermüdlich von den sinnesgenußreichen Nachrichten der flackernden weltlichen Kraft zu hören, die die materielle Welt bewegt.

(2) Eine andere Art von duṣkṛtina (Schurken) werden narādhama, die Niedrigsten der Menschheit, genannt. Nara bedeutet Mensch, und adhama bedeutet der Niedrigste. Unter den 8 400 000 Arten des Lebens gibt es 400 000 menschliche Arten. Darunter gibt es zahlreiche niedere Formen des menschlichen Lebens, die meist unzivilisiert sind. Zu den zivilisierten Menschen zählen diejenigen, die in ihrem sozialen, politischen und religiösen Leben regulierenden Prinzipien folgen. Diejenigen, die zwar sozial und politisch entwickelt sind, aber nicht religiösen Prinzipien folgen, müssen als narādhamas angesehen werden. Auch ist Religion ohne Gott keine Religion, denn der Sinn religiöser Prinzipien liegt darin, die Höchste Wahrheit und die Beziehung des Menschen zu Ihm zu erkennen. In der Bhagavad-gītā erklärt der Persönliche Gott unmißverständlich, daß es keine Autorität über Ihm gibt und daß Er die Höchste Wahrheit ist. Die zivilisierte Form des menschlichen Lebens ist dazu bestimmt, daß der Mensch sein verlorenes Bewußtsein über seine ewige Beziehung zur Höchsten Wahrheit, dem allmächtigen Persönlichen Gott Śrī Kṛṣṇa, wiedererlebt. Wer auch immer diese Gelegenheit außer acht läßt, wird als narādhama bezeichnet. Wir erfahren aus den offenbarten Schriften, daß das Kind im Mutterleib (eine äußerst unbequeme Lage) zu Gott um Befreiung betet und daß es verspricht, Ihn allein zu verehren, sobald es herauskommt. Es ist ein natürlicher Instinkt in jedem Lebewesen, zu Gott zu beten, wenn es sich in Schwierigkeiten befindet, denn es ist ewig mit Gott verbunden. Aber weil das Kind von māyā, der illusionierenden Energie, beeinflußt wird, vergißt es nach seiner Befreiung sowohl die Schwierigkeiten der Geburt als auch seinen Befreier. Es ist die Pflicht der Eltern, das göttliche Bewußtsein, das in ihren Kindern schlummert, wiederzubeleben. In der Manu-smṛti, der Schrift, die zu religiösen Prinzipien hinführt, werden zehn Reinigungszeremonien vorgeschrieben, die dazu bestimmt sind, in der Einrichtung des varṇāśrama das Gottesbewußtsein wiederzuerwecken. Heutzutage wird jedoch keiner dieser Vorgänge in irgendeinem Teil der Welt streng befolgt, und deshalb sind 99,9 % der Bevölkerung narādhamas. Wenn die gesamte Bevölkerung zu narādhamas wird, wird natürlicherweise ihre gesamte sogenannte Erziehung durch die allmächtige Energie der materiellen Natur zunichte gemacht. Nach den Maßstäben der Bhagavad-gītā gilt ein Mensch als gelehrt, wenn in seinen Augen ein gelehrter brāhmaṇa, ein Hund, eine Kuh, ein Elefant und ein Hundeesser gleich sind. Dies ist die Sicht eines wahren Gottgeweihten. Śrī Nityānanda Prabhu, der die Inkarnation Gottes als göttlicher Meister ist, befreite zwei typische narādhamas, die Brüder Jagai und Madhai, und zeigte so die Barmherzigkeit eines wirklichen Gottgeweihten gegenüber den Niedrigsten der Menschen. Ein narādhama, der vom Persönlichen Gott verdammt ist, kann also nur durch die Barmherzigkeit eines Gottgeweihten sein spirituelles Bewußtsein wiederbeleben. Śrī Caitanya Mahāprabhu, der das bhāgavata-dharma (die Aktivitäten der Gottgeweihten) verkündete, hat den Menschen empfohlen, in ergebener Haltung die Botschaft des Persönlichen Gottes zu vernehmen. Die Essenz dieser Botschaft ist die Bhagavad-gītā. Die Niedrigsten unter den Menschen können nur durch ergebenes Hören befreit werden, aber unglücklicherweise weigern sie sich, dieser Botschaft Gehör zu schenken, und erst recht nicht wollen sie sich dem Höchsten Herrn hingeben. Die narādhamas, die Niedrigsten der Menschheit, vernachlässigen die höchste Pflicht des Menschen völlig.

(3) Die nächste Gruppe der duṣkṛtina wird māyayāpahṛta-jñāna genannt; zu ihnen gehören die Menschen, deren gelehrtes Wissen vom Einfluß der materiellen Energie zunichte gemacht worden ist. Die meisten von ihnen sind sehr gelehrt – große Philosophen, Dichter, Literaten, Wissenschaftler usw. –, doch die illusionierendere Energie führt sie in die Irre, und daher gehorchen sie dem Höchsten Herrn nicht.

Heutzutage gibt es sogar unter den Gelehrten der Gītā eine große Anzahl māyayāpahṛta-jñānas. In der Gītā wird mit einfachen und verständlichen Worten erklärt, daß Śrī Kṛṣṇa der Höchste Persönliche Gott ist. Es gibt niemanden, der Ihm gleichkommt oder größer ist als Er. Er wird als der Vater Brahmās, des ursprünglichen Vaters aller Lebewesen, bezeichnet. Man sagt sogar, daß Śrī Kṛṣṇa nicht nur der Vater Brahmās, sondern auch der Vater aller Arten des Lebens ist. Er ist die Wurzel des unpersönlichen Brahman und des Paramātmā. Die Überseele in jedem Lebewesen ist Sein vollständiger Teil. Er ist die Urquelle allen Seins, und jedem wird geraten, sich Seinen Lotusfüßen hinzugeben. Trotz all dieser deutlichen Aussagen, verspotten die māyayāpahṛta-jñānas die Persönlichkeit des Höchsten Herrn und halten Ihn für einen gewöhnlichen Menschen. Sie wissen nicht, daß die gesegnete Form des menschlichen Lebens nach der ewigen und transzendentalen Gestalt des Höchsten Herrn entworfen ist.

Alle unautorisierten Interpretationen der Gītā, die von den māyayāpahṛta-jñānas gegeben werden und die sich außerhalb des paramparā-Systems befinden, sind lediglich Hindernisse auf dem Pfad des spirituellen Verstehens. Weder geben sich diese verblendeten Interpreten den Lotusfüßen Śrī Kṛṣṇas hin noch lehren sie andere, diesem Prinzip zu folgen.

(4) Die letzte Gruppe der duṣkṛtina wird āsuraṁ bhāvam āśrita genannt; es sind diejenigen, die dämonischen Prinzipien folgen. Diese Gruppe ist unverhüllt atheistisch. Einige von ihnen behaupten, der Höchste Herr könne niemals in die materielle Welt herabsteigen, doch sie sind nicht imstande, irgendwelche greifbaren Gründe für diese These anzugeben. Es gibt andere, die Ihn dem unpersönlichen Aspekt unterordnen, obwohl in der Gītā das Gegenteil erklärt wird. Da der Atheist den Höchsten Persönlichen Gott beneidet, wird er eine Anzahl von unzulässigen Inkarnationen präsentieren, die er in der Fabrik seines Hirns fabriziert hat. Solche Menschen, deren Lebensprinzip es ist, den Persönlichen Gott herabzusetzen, können sich den Lotusfüßen Śrī Kṛṣṇas nicht hingeben.

Śrī Yāmunācārya Albandru aus Südindien sagte: „O mein Herr! Du kannst von Menschen mit atheistischen Prinzipien nicht erkannt werden, trotz Deiner ungewöhnlichen Eigenschaften, Erscheinungen und Aktivitäten, trotz Deiner Persönlichkeit, die von allen offenbarten Schriften bestätigt wird, die sich in der Erscheinungsweise der Reinheit befinden, und obwohl Du von allen berühmten Autoritäten anerkannt wirst, die göttliche Eigenschaften besitzen und für ihr tiefgründiges Wissen in der transzendentalen Wissenschaft berühmt sind.“

Daher geben sich, wie oben erwähnt, (1) die abgestumpften und dummen Menschen, (2) die Niedrigsten der Menschheit, (3) die irregeführten Spekulanten und (4) die erklärten Atheisten trotz aller Ratschläge der Schriften und Autoritäten den Lotusfüßen des Persönlichen Gottes niemals hin.

VERS 16

चतुर्विधा भजन्ते मां जनाः सुकृतिनोऽर्जुन ।
आर्त्तो जिज्ञासुरर्थार्थी ज्ञानी च भरतर्षभ ॥१६॥

catur-vidhā bhajante māṁ
janāḥ sukṛtino’rjuna
ārto jijñāsur arthārthī
jñānī ca bharatarṣabha

catur-vidhāḥ – vier Arten von; bhajante – leisten Dienste; mām – Mir; janāḥ – Menschen; sukṛtinaḥ – diejenigen, die fromm sind; arjuna – O Arjuna; ārtaḥ – der Notleidende; jijñāsuḥ – der Wißbegierige; artha-arthī – einer, der materiellen Gewinn begehrt; jñāni – einer, der die Dinge kennt, wie sie sind; ca – auch; bharatarṣabha – O Bester unter den Nachkommen Bharatas (Arjuna).

ÜBERSETZUNG

O Bester unter den Bhāratas, vier Arten frommer Menschen dienen Mir in Hingabe – der Notleidende, derjenige, der nach Reichtum begehrt, der Wißbegierige und derjenige, der nach der Absoluten Wahrheit sucht.

ERKLÄRUNG

Im Gegensatz zu den Schurken, folgen diese Menschen den regulierenden Prinzipien der Schriften und werden daher sukṛtina genannt, was bedeutet, daß sie den Regeln und Regulierungen der Schriften und den Moral- und Sozialgesetzen gehorchen und mehr oder weniger dem Höchsten Herrn hingegeben sind. Sie werden in vier Gruppen eingeteilt: diejenigen, die manchmal Not leiden; diejenigen, die Geld benötigen; diejenigen, die manchmal Fragen stellen, und diejenigen, die manchmal nach dem Wissen über die Absolute Wahrheit suchen. Diese Menschen kommen zum Herrn, um Ihm unter verschiedenen Bedingungen in Hingabe zu dienen. Sie sind keine reinen Gottgeweihten, weil sie im Austausch für hingebungsvolles Dienen ihre Wünsche erfüllt sehen sollen. Reines hingebungsvolles Dienen ist frei von Verlangen und Streben nach materiellem Gewinn. Der Bhakti-rasāmṛta-sindhu definiert reine Hingabe auf folgende Weise:

anyābhilāṣitāśūnyaṁ jñāna-karmādy-anāvṛtam
ānukūlyena kṛṣṇānuśīlanaṁ bhaktir uttamā.

„Man sollte nach bestem Vermögen und ohne Verlangen nach materiellem Gewinn durch fruchtbringende Aktivitäten oder philosophische Spekulationen dem Höchsten Herrn Kṛṣṇa in transzendentaler Liebe dienen. Das wird reines hingebungsvolles Dienen genannt.“

Wenn diese vier Arten von Menschen sich dem Herrn zuwenden, um Ihm in Hingabe zu dienen, und wenn sie durch das Zusammensein mit einem reinen Gottgeweihten vollständig gereinigt sind, werden sie ebenfalls zu reinen Gottgeweihten. Was die Schurken betrifft, so ist hingebungsvolles Dienen für sie sehr schwierig, weil ihr Leben selbstsüchtig, unreguliert und ohne spirituelle Ziele ist. Aber sogar einige von ihnen werden zu reinen Gottgeweihten, wenn sie zufällig mit einem reinen Gottgeweihten zusammenkommen.

Diejenigen, die ständig mit fruchtbringenden Aktivitäten beschäftigt sind, wenden sich in ihrer materiellen Not an den Herrn, kommen dann mit einem reinen Gottgeweihten zusammen und werden in ihrer Not Geweihte des Herrn. Diejenigen, die lediglich in ihren Hoffnungen enttäuscht sind, treffen ebenfalls manchmal mit reinen Gottgeweihten zusammen und stellen Fragen, um etwas über Gott zu erfahren. In ähnlicher Weise wollen die trockenen Philosophen, wenn sie auf jedem Wissensgebiet frustriert sind, über Gott lernen und Ihm in Hingabe dienen. Auf diese Weise transzendieren sie die Erkenntnis des unpersönlichen Brahman und des lokalisierten Paramātmā und kommen durch die Gnade des Höchsten Herrn oder Seines reinen Geweihten zur persönlichen Auffassung Gottes. Wenn also die Notleidenden, die Wißbegierigen, die nach Wissen Suchenden und diejenigen, die in Geldnot sind, frei von allen materiellen Verlangen sind und vollständig verstehen, daß materielle Entlohnung nichts mit spiritueller Vervollkommnung zu tun hat, werden auch sie zu reinen Gottgeweihten. Solange die Gottgeweihten im transzendentalen Dienst des Herrn solch eine gereinigte Stufe nicht erreicht haben, sind sie durch fruchtbringende Aktivitäten befleckt und suchen nach weltlichem Wissen. Man muß daher all dies hinter sich lassen, bevor man zur Stufe des reinen hingebungsvollen Dienens kommen kann.

VERS 17

तेषां ज्ञानी नित्ययुक्त एकभक्तिर्विशिष्यते ।
प्रियो हि ज्ञानिनोऽत्यर्थमहं स च मम प्रियः ॥१७॥

teṣāṁ jñānī nitya-yukta
eka-bhaktir viśiṣyate
priyo hi jñānino’ tyartham
ahaṁ sa ca mama priyaḥ

teṣām – von ihnen; jñānī – jemand in vollständigem Wissen; nitya-yuktaḥ – immer beschäftigt; eka – nur einer; bhaktiḥ – hingebungsvolles Dienen; viśiṣyate – besonders; priyaḥ – sehr lieb; hi – zweifellos; jñāninaḥ – Mensch in Wissen; atyartham – hoch; aham – Ich bin; saḥ – er; ca – auch; mama – Mein; priyaḥ – lieb.

ÜBERSETZUNG

Von ihnen ist der Weise, der in vollständigem Wissen mit Mir durch reines hingebungsvolles Dienen verbunden ist, der beste; denn Ich bin ihm sehr lieb, und auch er ist Mir sehr lieb.

ERKLÄRUNG

Wenn die Notleidenden, die Wißbegierigen, diejenigen, die in Geldnot sind, und die, die nach dem höchsten Wissen suchen, frei von allen Verschmutzungen materieller Verlangen sind, können sie zu reinen Gottgeweihten werden. Doch nur wer von ihnen im Wissen über die Absolute Wahrheit gründet und von allen materiellen Verlangen frei ist, kann ein wirklich reiner Geweihter des Herrn werden. Der Herr sagt, daß von diesen vier Arten von Gottgeweihten derjenige der beste ist, der über vollständiges Wissen verfügt und gleichzeitig im hingebungsvollen Dienen beschäftigt ist. Wenn man nach Wissen sucht, erkennt man, daß das Selbst vom materiellen Körper verschieden ist, und wenn man weiteren Fortschritt macht, erlangt man Wissen über das unpersönliche Brahman und den Paramātmā. Wenn man völlig gereinigt ist, erkennt man, daß man in seiner wesenseigenen Position der ewige Diener Gottes ist. Der Wißbegierige, der Notleidende, derjenige, der nach materieller Verbesserung sucht und derjenige, der über Wissen verfügt – sie alle werden durch die Verbindung mit reinen Gottgeweihten ebenfalls rein. Im Anfangsstadium jedoch ist derjenige dem Herrn sehr lieb, der vollständiges Wissen über den Höchsten Herrn besitzt und Ihm gleichzeitig in Hingabe dient. Wer im reinen Wissen über die Transzendenz des Höchsten Persönlichen Gottes verankert ist, wird im hingebungsvollen Dienen so gut beschützt, daß materielle Verunreinigungen ihn nicht berühren können.

VERS 18

उदाराः सर्वः एवैते ज्ञानी त्वात्मैव मे मतम् ।
आस्थितः स हि युक्तात्मा मामेवानुत्तमां गतिम् ॥१८॥

udārāḥ sarva evaite
jñānī tv ātmaiva me matam
āsthitaḥ sa hi yuktātmā
mām evānuttamāṁ gatim

udārāḥ – großmütig; sarve – alle; eva – gewiß; ete – diese; jñānī – jemand, der in Wissen gründet; tu – aber; ātmā eva – genau wie Ich Selbst; me – Meine; matam – Meinung; āsthitaḥ – verankert sein; saḥ – er; hi – zweifellos; yukta-ātmā – im hingebungsvollen Dienen beschäftigt; mām – für Mich; eva – gewiß; anuttamām – das höchste Ziel; gatim – Bestimmung.

ÜBERSETZUNG

All diese Gottgeweihten sind zweifellos große Seelen, doch wer im Wissen über Mich verankert ist, weilt wahrhaftig in Mir. Weil er in Meinem transzendentalen Dienst beschäftigt ist, erreicht er Mich schließlich.

ERKLÄRUNG

Es ist nicht so, daß Gottgeweihte, die über weniger Wissen verfügen, dem Herrn nicht lieb sind. Der Herr sagt, daß sie alle großherzig sind, denn jeder, der sich dem Herrn aus irgendeinem Grund zuwendet, ist ein mahātmā, eine große Seele, Die Gottgeweihten, die aus dem hingebungsvollen Dienen einen Nutzen ziehen wollen, werden vom Herrn akzeptiert, weil zwischen ihnen und dem Herrn ein Austausch von Zuneigung besteht. Aus Zuneigung bitten sie den Herrn um materiellen Gewinn, und wenn sie ihn erhalten, werden sie so zufrieden, daß sie auch im hingebungsvollen Dienen Fortschritt machen. Der Gottgeweihte im vollständigen Wissen aber ist dem Herrn sehr lieb, weil es sein einziges Ziel ist, dem Höchsten Herrn in Liebe und Hingabe zu dienen. Solch ein Gottgeweihter kann nicht eine Sekunde leben, ohne mit dem Höchsten Herrn verbunden zu sein oder Ihm zu dienen. In ähnlicher Weise liebt auch der Höchste Herr Seinen Geweihten sehr und kann es nicht ertragen, von ihm getrennt zu sein.

Im Śrīmad-Bhāgavatam sagt der Herr:

ahaṁ bhakta-parādhīno hy asvatantra iva dvija
sādhubhir grasta-hṛdayo bhaktair bhakta-jana-priyaḥ

„Die Gottgeweihten sind immer in Meinem Herzen, und Ich bin immer in den Herzen der Gottgeweihten. Ein Gottgeweihter kennt nichts außer Mir, und auch Ich kann den Gottgeweihten nicht vergessen. Zwischen Mir und den reinen Gottgeweihten besteht eine innige Beziehung. Reine Gottgeweihte im vollständigen Wissen sind niemals ohne spirituelle Verbindung, und daher sind sie Mir sehr lieb.“ (Bhāg. 9.4.57)

VERS 19

बहूनां जन्मनामन्ते ज्ञानवान्मां प्रपद्यते ।
वासुदेवः सर्वमिति स महात्मा सुदुर्लभः ॥१९॥

bahūnāṁ janmanām ante
jñānavān māṁ prapadyate
vāsudevaḥ sarvam iti
sa mahātmā sudurlabhaḥ

bahūnām – viele; janmanām – Geburten; ante – nach; jñānavān – er verfügt über Wissen; mām – Mir; prapadyate – gibt sich hin; vāsudevaḥ – Ursache aller Ursachen; sarvam – alles; iti – so; saḥ – solche; mahātmā – große Seele; sudurlabhaḥ – sehr selten.

ÜBERSETZUNG

Wer nach vielen Geburten und Toden wirkliches Wissen erlangt hat, gibt sich Mir hin, da er weiß, daß Ich die Ursache aller Ursachen und daß Ich alles bin. Solch eine große Seele ist sehr selten.

ERKLÄRUNG

Während das Lebewesen hingebungsvolles Dienen oder transzendentale Rituale ausführt, wird es vielleicht nach vielen Geburten im transzendentalen, reinen Wissen verankert werden und erkennen, daß der Höchste Persönliche Gott das endgültige Ziel der spirituellen Verwirklichung ist. Zu Beginn der spirituellen Verwirklichung, während man versucht, seine Anhaftung an den Materialismus aufzugeben, neigt man sehr leicht zur Unpersönlichkeitslehre; doch wenn man weiteren Fortschritt macht, kann man verstehen, daß es im spirituellen Leben Aktivitäten gibt und daß diese Aktivitäten aus hingebungsvollem Dienen bestehen. Wenn man dies verwirklicht, fühlt man sich zum Höchsten Persönlichen Gott sehr hingezogen und gibt sich Ihm hin. Zu diesem Zeitpunkt kann man verstehen, daß alles Śrī Kṛṣṇas Barmherzigkeit ist, daß Er die Ursache aller Ursachen ist und daß die materielle Manifestation von Ihm abhängt. Man verwirklicht, daß die materielle Welt eine pervertierte Reflexion der spirituellen Mannigfaltigkeit ist und daß alles eine Beziehung zum Höchsten Herrn Śrī Kṛṣṇa hat. Auf diese Weise sieht man alles in Beziehung zu Vāsudeva bzw. Śrī Kṛṣṇa. Solch eine universale Sicht führt einen Menschen sehr schnell dahin, sich dem Höchsten Herrn Śrī Kṛṣṇa als dem höchsten Ziel völlig hinzugeben. Solche hingegebenen, großen Seelen sind sehr selten.

Dieser Vers wird sehr schön im Dritten Kapitel der Śvetāśvatara Upaniṣad erklärt: „Im Körper wirken die Kräfte des Sprechens, Sehens, Hörens, die Kräfte geistiger Aktivitäten usw. Sie sind jedoch nicht wichtig, wenn sie nicht mit dem Höchsten Herrn verbunden sind. Und weil Vāsudeva alldurchdringend und alles Vāsudeva ist, gibt sich der Gottgeweihte im völligen Wissen hin.“ (Vgl. Bg. 7.17 und 11.40)

VERS 20

कामैस्तैस्तैर्हृतज्ञानाः प्रपद्यन्तेऽन्यदेवताः ।
तं तं नियममास्थाय प्रकृत्या नियताः स्वया ॥२०॥

kāmais tais tair hṛta-jñānāḥ
prapadyante ’nya-devatāḥ
taṁ taṁ niyamam āsthāya
prakṛtyā niyatāḥ svayā

kāmaiḥ – von Verlangen; taiḥ – von denen; taiḥ – von denen; hṛta – verdreht; jñānāḥ – Wissen; prapadyante – sich hingeben; anya – andere; devatāḥ – Halbgötter; tam – dieses; tam – dieses; niyamam – Regeln; āsthāya – folgen; prakṛtyā – von Natur aus; niyatāḥ – kontrolliert; svayā – von ihren eigenen.

ÜBERSETZUNG

Menschen, deren Geist von materiellen Verlangen verzerrt ist, geben sich den Halbgöttern hin und folgen, entsprechend ihrem Wesen, bestimmten Regeln und Regulierungen der Verehrung.

ERKLÄRUNG

Diejenigen, die von allen materiellen Verschmutzungen befreit sind, geben sich dem Höchsten Herrn hin und beschäftigen sich in Seinem hingebungsvollen Dienst. Solange die Lebewesen jedoch von der materiellen Verschmutzung nicht vollständig gereinigt sind, sind sie von Natur aus Nicht-Gottgeweihte. Aber selbst diejenigen, die materielle Verlangen haben und beim Höchsten Herrn Zuflucht suchen, werden von der äußeren Natur nicht mehr allzusehr angezogen, und da sie sich dem richtigen Ziel nähern, werden sie bald von aller materiellen Lust befreit. Im Śrīmad-Bhāgavatam wird empfohlen: Ganz gleich, ob man frei von allen materiellen Verlangen ist, ob man voller materieller Verlangen ist, ob man nach Befreiung von der materiellen Verschmutzung strebt oder ob man ein reiner Gottgeweihter ist und kein Verlangen nach Sinnesbefriedigung hat – in jedem Falle sollte man sich Vāsudeva hingeben und Ihn verehren.

Im Bhāgavatam wird auch gesagt, daß die weniger intelligenten Menschen, die ihr spirituelles Gespür verloren haben, Schutz bei Halbgöttern suchen, damit ihre materiellen Verlangen augenblicklich erfüllt werden. Im allgemeinen wenden sich solche Menschen nicht an den Höchsten Persönlichen Gott, da sie sich in den Erscheinungsweisen der Unwissenheit und Leidenschaft befinden und deshalb verschiedene Halbgötter verehren. Indem sie den Regeln und Regulierungen der Verehrung folgen, werden ihre Wünsche erfüllt. Die Verehrer der Halbgötter werden von kleinen Verlangen getrieben und wissen nicht, wie das höchste Ziel zu erreichen ist, doch ein Geweihter des Höchsten Herrn läßt sich nicht irreführen. Weil in den vedischen Schriften empfohlen wird, für verschiedene Ziele verschiedene Halbgötter zu verehren (zum Beispiel wird einem kranken Menschen empfohlen, die Sonne zu verehren), glauben die Nicht-Gottgeweihten, daß es für bestimmte Zwecke besser sei, sich an die Halbgötter zu wenden als an den Höchsten Herrn. Ein reiner Gottgeweihter jedoch weiß, daß der Höchste Herr Kṛṣṇa der Meister aller Wesen ist. Im Caitanya-caritāmṛta wird gesagt, daß nur der Höchste Persönliche Gott Kṛṣṇa Meister ist und daß alle anderen Diener sind. Deshalb wendet sich ein reiner Gottgeweihter niemals an die Halbgötter, um seine materiellen Bedürfnisse zufriedenstellen zu lassen. Er verläßt sich auf den Höchsten Herrn und ist mit dem zufrieden, was immer Er ihm gibt.

VERS 21

यो यो यां यां तनुं भक्तः श्रद्धयार्चितुमिच्छति ।
तस्य तस्याचलां श्रद्धां तामेव विदधाम्यहम् ॥२१॥

yo yo yāṁ yāṁ tanuṁ bhaktaḥ
śraddhayārcitum icchati
tasya tasyācalāṁ śraddhāṁ
tām eva vidadhāmy aham

yaḥ – das; yaḥ – das; yām – was; yām – was; tanum – Form der Halbgötter; bhaktaḥ – Gottgeweihter; śraddhayā – mit Glauben; arcitum – verehren; icchati – verlangt; tasya – davon; acalām – fest; śraddhām – Glaube; tām – ihm; eva – sicherlich; vidadhāmi – gebe; aham – Ich.

ÜBERSETZUNG

Ich weile als Überseele im Herzen jedes Lebewesens. Sobald jemand das Verlangen hat, die Halbgötter zu verehren, festige Ich seinen Glauben, so daß er sich einer bestimmten Gottheit hingeben kann.

ERKLÄRUNG

Gott hat jedem eine gewisse Unabhängigkeit gegeben; wenn deshalb ein Mensch nach materiellem Sinnesgenuß verlangt und sehr ernsthaft darum bemüht ist, die Möglichkeiten dazu von den materiellen Halbgöttern zu erhalten, versteht der Höchste Herr, der als Überseele im Herzen eines jeden weilt, seinen Wunsch und gibt solchen Menschen die Möglichkeiten, ihre Neigungen zu befriedigen. Als höchster Vater aller Lebewesen mischt Er Sich nicht in ihre Unabhängigkeit ein, sondern gibt ihnen alle Möglichkeiten, so daß sie ihre materiellen Wünsche erfüllen können. Einige mögen fragen, warum der allmächtige Gott den Lebewesen die Gelegenheit gebe, die materielle Welt zu genießen und sie damit in die Falle der illusionierenden Energie fallen lasse. Die Antwort lautet, daß von Unabhängigkeit keine Rede sein könnte, wenn der Höchste Herr als Überseele diese Möglichkeiten nicht gäbe. Deshalb gewährt Er jedem völlige Unabhängigkeit – man kann bekommen, was man will –; in der Bhagavad-gītā jedoch finden wir Seine endgültige Anweisung: der Mensch sollte alle anderen Beschäftigungen aufgeben und sich völlig Ihm hingeben. Das wird den Menschen glücklich machen.

Sowohl das Lebewesen als auch die Halbgötter sind dem Willen des Höchsten Persönlichen Gottes untergeordnet; weder kann deshalb das Lebewesen den Halbgott aus seinem eigenen Verlangen heraus verehren noch kann der Halbgott ohne den höchsten Willen irgendeine Segnung erteilen. Wie man sagt, kann sich nicht einmal ein Grashalm ohne den Willen des Höchsten Persönlichen Gottes bewegen. Wie ihnen in den vedischen Schriften empfohlen wird, wenden sich die Menschen, die in der materiellen Welt Not leiden, im allgemeinen an die Halbgötter. Ein Mensch, der nach etwas ganz Bestimmtem begehrt, kann den dafür zuständigen Halbgott verehren. Einem Kranken zum Beispiel wird empfohlen, den Sonnengott zu verehren; ein Mensch, der gebildet sein möchte, kann die Göttin des Lernens, Sarasvatī, verehren, und ein Mensch, der eine wunderschöne Frau begehrt, kann die Göttin Umā, die Gemahlin Śivas, verehren. Auf diese Weise gibt es in den śāstras (den vedischen Schriften) Empfehlungen, wie man verschiedene Halbgötter auf verschiedene Weise verehren kann. Und weil ein bestimmtes Lebewesen eine bestimmte Annehmlichkeit genießen will, weckt der Herr in ihm ein starkes Verlangen, diese Segnung von dem betreffenden Halbgott zu erhalten, und auf diese Weise hat das Lebewesen Erfolg und wird mit dem Gewünschten gesegnet. Der Höchste Herr sorgt ebenfalls dafür, in welcher Haltung das Lebewesen einen bestimmten Halbgott verehrt. Die Halbgötter können die Lebewesen nicht mit der erforderlichen Anziehung erfüllen, aber weil Kṛṣṇa der Höchste Herr bzw. die Überseele ist, die im Herzen aller Lebewesen weilt, veranlaßt Er den Menschen, bestimmte Halbgötter zu verehren. Die Halbgötter sind in Wirklichkeit verschiedene Teile des universalen Körpers des Höchsten Herrn; daher besitzen sie keine Unabhängigkeit. In den vedischen Schriften (Taittirīya Upaniṣad, Erster Anuvāka) wird gesagt: „Der Höchste Persönliche Gott ist als Überseele auch im Herzen des Halbgottes gegenwärtig; daher erfüllt Er durch den Halbgott das Verlangen des Lebewesens. Aber sowohl der Halbgott als auch das Lebewesen hängen vom höchsten Willen ab. Sie sind nicht unabhängig.“

VERS 22

स तया श्रद्धया युक्तस्तस्याराधनमीहते ।
लभते च ततः कामान्मयैव विहितान्हितान् ॥२२॥

sa tayā śraddhayā yuktas
tasyārādhanam īhate
labhate ca tataḥ kāmān
mayaiva vihitān hi tān

saḥ – er; tayā – mit diesem; śraddhayā – mit Glauben; yuktaḥ – ausgestattet; tasya – seine; ārādhanam – Verehrung; īhate – sucht; labhate – erhält; ca – und; tataḥ – wovon; kāmān – Verlangen; mayā – von Mir; eva – allein; vihitān – reguliert; hi – für; tān – diejenigen.

ÜBERSETZUNG

Mit solchem Glauben versehen, sucht er das Wohlwollen eines bestimmten Halbgottes, und somit werden seine Wünsche erfüllt. Doch in Wirklichkeit werden diese Segnungen von Mir allein erteilt.

ERKLÄRUNG

Ohne die Einwilligung des Höchsten Herrn können die Halbgötter den Gottgeweihten keine Segnungen gewähren. Das Lebewesen mag zwar vergessen, daß alles das Eigentum des Höchsten Herrn ist, doch die Halbgötter vergessen dies nicht. Die Verehrung der Halbgötter und das Erreichen der gewünschten Ergebnisse hängen also nicht von den Halbgöttern ab, sondern vom Höchsten Persönlichen Gott. Das weniger intelligente Lebewesen befindet sich darüber in Unwissenheit, und so wendet es sich in seiner Verblendung an die Halbgötter. Wenn aber der reine Gottgeweihte irgend etwas benötigt, wendet er sich an den Höchsten Herrn. Um materiellen Nutzen zu bitten, ist nicht das Kennzeichen eines reinen Gottgeweihten. Ein Lebewesen wendet sich gewöhnlich an die Halbgötter, wenn es verrückt danach ist, seine Lust zu befriedigen, das heißt, wenn es ungebührliche Verlangen hat, und der Herr Selbst diese Wünsche nicht erfüllt. Im Caitanya-caritāmṛta wird gesagt, daß sich jemand in seinem Verlangen widerspricht, wenn er den Höchsten Herrn verehrt und gleichzeitig nach materiellem Genuß strebt. Hingebungsvolles Dienen für den Herrn und die Verehrung eines Halbgottes können sich niemals auf der gleichen Ebene befinden, weil die Verehrung eines Halbgottes materiell und hingebungsvolles Dienen für den Höchsten Herrn völlig spirituell ist.

Für das Lebewesen, das danach strebt, zu Gott zurückzukehren, sind materielle Verlangen Hindernisse. Einem reinen Gottgeweihten werden deshalb die materiellen Vorteile nicht gewährt, die von weniger intelligenten Lebewesen begehrt werden, die es vorziehen, lieber die Halbgötter der materiellen Welt zu verehren, als sich im hingebungsvollen Dienst des Höchsten Herrn zu beschäftigen.

VERS 23

अन्तवत्तु फलं तेषां तद्भवत्यल्पमेधसाम् ।
देवान्देवयजो यान्ति मद्भक्ता यान्ति मामपि ॥२३॥

antavat tu phalaṁ teṣāṁ
tad bhavaty alpa-medhasām
devān deva-yajo yānti
mad-bhaktā yānti mām api

antavat tu – begrenzt und zeitweilig; phalam – Früchte; teṣām – ihre; tat – dieses; bhavati – wird; alpa-medhasām – von denen mit geringer Intelligenz; devān – Planeten der Halbgötter; deva-yajaḥ – Verehrer der Halbgötter; yānti – erreichen; mat – Meine; bhaktāḥ – Gottgeweihten; yānti – erreichen; mām – Mich; api – sicherlich.

ÜBERSETZUNG

Menschen mit geringer Intelligenz verehren die Halbgötter, und daher sind die Früchte, die sie erhalten, begrenzt und zeitweilig. Die Verehrer der Halbgötter gehen zu den Planeten der Halbgötter, doch Meine Geweihten erreichen Meinen höchsten Planeten.

ERKLÄRUNG

Einige Kommentatoren der Gītā sagen, daß man den Höchsten Herrn erreichen könne, wenn man einen Halbgott verehre, doch hier wird eindeutig gesagt, daß die Verehrer der Halbgötter zu den verschiedenen Planetensystemen gehen, auf denen die verschiedenen Halbgötter wohnen; ein Verehrer der Sonne erreicht zum Beispiel die Sonne, und ein Verehrer des Mondes gelangt zum Mond. Wenn jemand einen Halbgott wie Indra verehren will, so kann er den Planeten dieses bestimmten Gottes erreichen. Es ist nicht richtig, daß jeder, ungeachtet welchen Halbgott er verehrt, den Höchsten Persönlichen Gott erreichen wird. Dies wird hier verneint, denn es wird unmißverständlich gesagt, daß die Verehrer der Halbgötter zu den verschiedenen Planeten der Halbgötter in der materiellen Welt gehen, daß aber der Geweihte des Höchsten Herrn direkt zum höchsten Planeten des Persönlichen Gottes geht.

Man mag nun einwenden: wenn die Halbgötter verschiedene Teile des Körpers des Höchsten Herrn sind, dann müßte man durch ihre Verehrung das gleiche Ziel erreichen. Die Verehrer der Halbgötter sind jedoch weniger intelligent, denn sie wissen nicht, welchem Teil des Körpers Nahrung zugeführt werden muß. Einige von ihnen sind so verblendet, daß sie behaupten, es gebe viele Teile, denen man auf verschiedene Weise Nahrung zuführen könne. Diese Ansicht ist nicht sehr vernünftig, denn kann jemand seinem Körper durch die Augen oder Ohren Nahrung zuführen? Sie wissen nicht, daß die Halbgötter verschiedene Teile des universalen Körpers des Höchsten Herrn sind, und so glauben sie in ihrer Unwissenheit, jeder einzelne Halbgott sei ein gesonderter Gott und ein Rivale des Höchsten Herrn.

Nicht nur die Halbgötter sind Teile des Höchsten Herrn, sondern auch die gewöhnlichen Lebewesen. Im Śrīmad-Bhāgavatam wird gesagt, daß die brāhmaṇas den Kopf des Höchsten Herrn bilden, die kṣatriyas die Arme und daß sie alle verschiedene Funktionen erfüllen. Wenn jemand weiß, daß sowohl die Halbgötter als auch er selbst – ungeachtet der verschiedenen Positionen – winzige Bestandteile des Höchsten Herrn sind, ist sein Wissen vollkommen. Wenn er dies jedoch nicht versteht, erreicht er die verschiedenen Planeten, auf denen die Halbgötter wohnen. Dies ist nicht das gleiche Ziel wie das des Gottgeweihten.

Die Ergebnisse, die durch die Segnung der Halbgötter erreicht werden, sind vergänglich, weil in der materiellen Welt die Planeten, die Halbgötter und ihre Verehrer vergänglich sind. Deshalb wird in diesem Vers eindeutig gesagt, daß alle Ergebnisse vergänglich sind, die durch die Halbgötter erreicht werden, und daher werden die Halbgötter nur von den weniger intelligenten Lebewesen verehrt. Weil der reine Gottgeweihte, der im Kṛṣṇa-Bewußtsein im hingebungsvollen Dienst des Höchsten Herrn beschäftigt ist, ein ewiges glückseliges Dasein voller Wissen erreicht, ist sein Erfolg vom Erfolg der gewöhnlichen Verehrer der Halbgötter verschieden. Der Höchste Herr ist unbegrenzt; Sein Wohlwollen ist unbegrenzt, und Seine Barmherzigkeit ist unbegrenzt. Deshalb ist der Höchste Herr Seinem reinen Geweihten gegenüber unbegrenzt barmherzig.

VERS 24

अव्यक्तं व्यक्तिमापन्नं मन्यन्ते मामबुद्धयः ।
परं भावमजानन्तो ममाव्ययमनुत्तमम् ॥२४॥

avyaktaṁ vyaktim āpannaṁ
manyante mām abuddhayaḥ
paraṁ bhāvam ajānanto
mamāvyayam anuttamam

avyaktam – nicht manifestiert; vyaktim – Persönlichkeit; āpannam – erreicht; manyante – denken; mām – Mich; abuddhayaḥ – weniger intelligente Menschen; param – höchste; bhāvam – Zustand des Seins; ajānantaḥ – ohne zu wissen; mama – Meine; avyayam – unvergänglich; anuttamam – der feinste.

ÜBERSETZUNG

Unintelligente Menschen, die Mich nicht kennen, glauben, Ich hätte diese Gestalt und Persönlichkeit angenommen. Weil sie nur über geringes Wissen verfügen, kennen sie Mein höheres Wesen nicht, das ohne Wandel und erhaben ist.

ERKLÄRUNG

Diejenigen, die die Halbgötter verehren, sind als weniger intelligente Menschen beschrieben worden, und hier wird Ähnliches über die Unpersönlichkeitsanhänger gesagt. Śrī Kṛṣṇa spricht hier in Seiner persönlichen Gestalt zu Arjuna, und dennoch behaupten die Unpersönlichkeitsanhänger in ihrer Unwissenheit, der Höchste Herr habe letztlich keine Form. Yāmunācārya, ein großer Geweihter des Herrn, der sich in der Nachfolge Rāmānujācāryas befindet, hat in diesem Zusammenhang zwei treffende Verse geschrieben. Er sagt: „Mein lieber Herr, Gottgeweihte wie Vyāsadeva und Nārada wissen, daß Du der Persönliche Gott bist. Wenn man verschiedene vedische Schriften versteht, kann man dahin gelangen, Deine Merkmale, Deine Gestalt und Deine Aktivitäten zu kennen, und so verstehen, daß Du der Höchste Persönliche Gott bist. Doch diejenigen, die sich in der Erscheinungsweise der Leidenschaft und der Unwissenheit befinden, die Dämonen und die Nicht-Gottgeweihten, können Dich nicht verstehen. Sie sind unfähig, Dich zu verstehen. Ganz gleich, wie kundig solche Nicht-Gottgeweihten darin sein mögen, den Vedānta, die Upaniṣaden und andere vedische Schriften zu diskutieren – es ist ihnen nicht möglich, den Persönlichen Gott zu verstehen.“

In der Brahma-saṁhitā wird gesagt, daß der Persönliche Gott nicht einfach durch das Studium des Vedānta verstanden werden kann. Nur durch die Barmherzigkeit des Höchsten Herrn kann die Persönlichkeit des Höchsten erkannt werden. Deshalb wird in diesem Vers gesagt, daß nicht nur die Verehrer der Halbgötter weniger intelligent sind, sondern auch die Nicht-Gottgeweihten, die ohne die geringste Spur wahren Kṛṣṇa-Bewußtseins mit dem Vedānta beschäftigt sind und über die vedische Schriften spekulieren. Für sie ist es nicht möglich, das persönliche Wesen Gottes zu verstehen. Menschen, die unter dem Eindruck stehen, die Absolute Wahrheit sei unpersönlich, werden als asuras bezeichnet, was bedeutet, daß sie den endgültigen Aspekt der Absoluten Wahrheit nicht verstehen. Im Śrīmad-Bhāgavatam wird gesagt, daß die höchste Verwirklichung mit dem unpersönlichen Brahman beginnt und sich dann zur lokalisierten Überseele erhebt – doch das endgültige Verständnis von der Absoluten Wahrheit ist der Persönliche Gott. Die heutigen Unpersönlichkeitsanhänger sind noch weniger intelligent, denn sie folgen nicht einmal ihrem großen Vorgänger Śaṅkarācārya, der ganz besonders darauf hingewiesen hat, daß Kṛṣṇa der Höchste Persönliche Gott ist. Da die Unpersönlichkeitsanhänger die Höchste Wahrheit nicht verstehen können, glauben sie, Kṛṣṇa sei lediglich der Sohn Devakīs und Vasudevas oder ein Prinz oder ein mächtiges Lebewesen. Dies wird ebenfalls in der Bhagavad-gītā verurteilt: „Nur die Toren halten Mich für einen gewöhnlichen Menschen.“ In Wirklichkeit kann niemand Kṛṣṇa verstehen, ohne in Hingabe zu dienen und Kṛṣṇa-Bewußtsein zu entwickeln. Dies wird in der Gītā bestätigt.

Man kann den Höchsten Persönlichen Gott, Kṛṣṇa, Seine Gestalt, Seine Eigenschaften oder Seinen Namen nicht durch gedankliche Spekulation verstehen oder indem man die vedischen Schriften diskutiert. Allein durch hingebungsvolles Dienen kann man Ihn verstehen. Nur wenn man völlig im Kṛṣṇa-Bewußtsein beschäftigt ist, das mit dem Chanten des mahāmantras – Hare Kṛṣṇa, Hare Kṛṣṇa, Kṛṣṇa Kṛṣṇa, Hare Hare / Hare Rāma, Hare Rāma, Rāma Rāma, Hare Hare – beginnt, kann man den Höchsten Persönlichen Gott verstehen. Die Unpersönlichkeitsanhänger glauben, Kṛṣṇa habe einen von der materiellen Natur geschaffenen Körper und alle Seine Aktivitäten, Seine Gestalt usw. seien māyā. Diese Unpersönlichkeitsanhänger sind als Māyāvādīs bekannt. Sie kennen die endgültige Wahrheit nicht. Im zwanzigsten Vers wird gesagt: „Diejenigen, die von lustvollen Verlangen verblendet sind, geben sich den verschiedenen Halbgöttern hin.“ Man weiß, daß es neben dem Höchsten Persönlichen Gott viele Halbgötter gibt, die auf verschiedenen Planeten leben (Bg. 7.23), und daß auch der Herr Seinen eigenen Planeten hat. Aber es wird auch gesagt, daß die Verehrer der Halbgötter zu den verschiedenen Planeten der Halbgötter gehen und daß die Geweihten Śrī Kṛṣṇas den Kṛṣṇaloka-Planeten erreichen. Obwohl dies unmißverständlich gesagt wird, behaupten die verblendeten Unpersönlichkeitsanhänger immer noch, der Herr sei formlos und Seine Formen seien Täuschungen. Geht aus dem Studium der Gītā etwa hervor, daß die Halbgötter und ihre Aufenthaltsorte unpersönlich sind? Weder die Halbgötter noch Kṛṣṇa, der Höchste Persönliche Gott, sind unpersönlich. Sie alle sind Personen; Śrī Kṛṣṇa ist der Höchste Persönliche Gott; Er hat Seinen eigenen Planeten, und auch die Halbgötter haben ihre Planeten. Deshalb ist die monistische Behauptung falsch, die besagt, die endgültige Wahrheit sei formlos und jede Form sei eine Täuschung. Es wird hier eindeutig gesagt, daß sie keine Täuschung ist. Aus der Gītā können wir klar ersehen, daß die Formen der Halbgötter und die Gestalt des Höchsten Herrn gleichzeitig existieren und daß Kṛṣṇa sac-cid-ānanda (ewiges, glückseliges Wissen) ist. Die Veden bestätigen ebenfalls, daß die Höchste Absolute Wahrheit ānandamaya (voller glückseliger Freude) ist und daß Er abhyāsāt ist, von Natur aus die Quelle unbegrenzter, glückverheißender Eigenschaften. Und in der Gītā sagt der Herr, daß Er, obwohl Er aja (ungeboren) ist, dennoch erscheint. Dies sind die Tatsachen, die wir aus der Gītā verstehen sollten. Wir können nicht verstehen, wie der Höchste Persönliche Gott unpersönlich sein kann; soweit es die Feststellungen der Gītā betrifft, ist die Theorie der Täuschung der monistischen Unpersönlichkeitsanhänger falsch. Es ist offensichtlich, daß die Höchste Absolute Wahrheit, Śrī Kṛṣṇa, sowohl Gestalt als auch Persönlichkeit hat.

VERS 25

नाहं प्रकाशः सर्वस्य योगमायासमावृतः ।
मूढोऽयं नाभिजानाति लोको मामजमव्ययम् ॥२५॥

nāhaṁ prakāśaḥ sarvasya
yoga-māyā-samāvṛtaḥ
mūḍho’yaṁ nābhijānāti
loko mām ajam avyayam

na – auch nicht; aham – Ich; prakāśaḥ – sichtbar; sarvasya – jedem; yoga-māyā – innere Energie; samāvṛtaḥ – bedeckt; mūḍhaḥ – töricht; ayam – dies; na – nicht; abhijānāti – können verstehen; lokaḥ – diese weniger intelligenten Menschen; mām – Mich; ajam – ungeboren; avyayam – unerschöpflich.

ÜBERSETZUNG

Die Verblendeten und Unintelligenten können Mich niemals erkennen. Für sie bin Ich von Meiner ewigen, schaffenden Energie [yoga-māyā] bedeckt, und daher kennt die verblendete Welt Mich nicht, der Ich ungeboren und unfehlbar bin.

ERKLÄRUNG

Man mag nun einwenden: wenn Kṛṣṇa auf dieser Erde gegenwärtig und allen Menschen sichtbar war, warum ist Er dann nicht auch heute jedem sichtbar? In Wirklichkeit aber war Er nicht jedem sichtbar. Als Kṛṣṇa gegenwärtig war, gab es nur wenige Menschen, die verstehen konnten, daß Er der Höchste Persönliche Gott ist. Als sich Śiśupāla in der Versammlung der Kurus dagegen aussprach, daß Kṛṣṇa zum Präsidenten der Versammlung gewählt würde, verteidigte Bhīṣma Kṛṣṇa und erklärte, Er sei der Höchste Gott. Auch die Pāṇdavas und einige andere wußten, daß Er der Höchste war, aber nicht jeder war sich dessen bewußt. Den Nicht-Gottgeweihten und den gewöhnlichen Menschen war Er nicht sichtbar. Deshalb sagt Kṛṣṇa in der Gītā, daß Ihn außer Seinen reinen Geweihten alle Menschen für einen der ihren halten würden. Er war nur Seinen Geweihten als die Quelle aller Freude sichtbar. Für die anderen jedoch, für die unintelligenten Nicht-Gottgeweihten, war Er von Seiner ewigen Energie bedeckt.

In den Gebeten Kuntīs im Śrīmad-Bhāgavatam (1.8.18) heißt es, daß der Herr vom Vorhang der yoga-māyā bedeckt ist und daß Ihn deshalb die gewöhnlichen Menschen nicht verstehen können. Kuntī betet: „O mein Herr, Du bist der Erhalter des gesamten Universums, und hingebungsvolles Dienen für Dich ist das höchste religiöse Prinzip. Deshalb bete ich, daß Du auch mich erhalten wirst. Deine transzendentale Gestalt ist von yoga-māyā bedeckt. Das brahmajyoti ist die Verhüllung Deiner inneren Energie. Bitte entferne gütigerweise diese leuchtende Ausstrahlung, die mich daran hindert, Deine sac-cid-ānanda-vigraha zu sehen, Deine ewige Gestalt voller Glückseligkeit und Wissen.“

Dieser yoga-māyā-Vorhang wird auch im Fünfzehnten Kapitel der Gītā erwähnt. Der Höchste Persönliche Gott wird in Seiner transzendentalen Gestalt voller Glückseligkeit und Wissen von der ewigen Energie des brahmajyoti verhüllt, und die weniger intelligenten Unpersönlichkeitsanhänger können den Höchsten aus diesem Grunde nicht sehen. Im Śrīmad-Bhāgavatam (10.14.7) finden wir auch dieses Gebet Brahmas: „O Höchster Persönlicher Gott, o Überseele, o Meister aller Geheimnisse, wer kann Deine Energie und Deine Spiele in dieser Welt ermessen? Fortwährend weitest Du Deine innere Energie aus, und deshalb kann niemand Dich verstehen. Gelehrte Wissenschaftler und große Gelehrte können zwar die atomare Zusammensetzung der materiellen Welt oder sogar der Planeten untersuchen, aber sie sind unfähig, Deine Energien und Kräfte zu ermessen, obwohl Du vor Ihnen gegenwärtig bist.“ Der Höchste Persönliche Gott Śrī Kṛṣṇa ist nicht nur ungeboren, sondern auch avyaya (unerschöpflich). Seine ewige Gestalt ist Glückseligkeit und Wissen, und all Seine Energien sind unerschöpflich.

VERS 26

वेदाहं समतीतानि वर्त्तमानानि चार्जुन ।
भविष्याणि च भूतानि मां तु वेद न कश्चन ॥२६॥

vedāhaṁ samatītāni
vartamānāni cārjuna
bhaviṣyāṇi ca bhūtāni
māṁ tu veda na kaścana

veda – wisse; aham – Ich; sama – gleich; atītāni – Vergangenheit; vartamānāni – Gegenwart; ca – und; arjuna – O Arjuna; bhaviṣyāṇi – Zukunft; ca – auch; bhūtāni – Lebewesen; mām – Mich; tu – aber; veda – kennt; na – nicht; kaścana – irgend jemand.

ÜBERSETZUNG

O Arjuna, als der Höchste Persönliche Gott weiß Ich, was in der Vergangenheit war, was in der Gegenwart geschieht und was sich in der Zukunft noch ereignen wird. Auch kenne Ich jedes Lebewesen – doch niemand kennt Mich.

ERKLÄRUNG

Hier wird die Frage, ob die Absolute Wahrheit persönlich oder unpersönlich ist, eindeutig geklärt. Wenn Kṛṣṇa, die Gestalt des Höchsten Persönlichen Gottes, māyā bzw. materiell wäre, wie die Unpersönlichkeitsanhänger meinen, dann würde Er, wie die Lebewesen, Seinen Körper wechseln und alles vergessen, was in Seinem vergangenen Leben geschehen ist. Jeder, der einen materiellen Körper besitzt, kann sich weder an sein vergangenes Leben erinnern noch kann er sein zukünftiges Leben vorhersehen, noch kann er das Ergebnis Seines gegenwärtigen Lebens voraussagen; deshalb kann er nicht wissen, was in der Vergangenheit geschah, was in der Gegenwart geschieht und was in der Zukunft noch geschehen wird. Solange man nicht von der materiellen Verschmutzung frei ist, kann man Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht kennen.

Hier sagt Śrī Kṛṣṇa eindeutig, daß Er, anders als gewöhnliche Lebewesen, alles weiß, was sich in der Vergangenheit ereignete, was in der Gegenwart geschieht und was sich noch in Zukunft ereignen wird. Im Vierten Kapitel haben wir erfahren, daß Kṛṣṇa Sich daran erinnert, Vivasvān, den Sonnengott, vor Millionen von Jahren unterwiesen zu haben. Kṛṣṇa kennt jedes Lebewesen, da Er im Herzen jedes Lebewesens als Höchste Seele weilt. Aber obwohl Er in jedem Lebewesen als Überseele gegenwärtig ist, und trotz Seiner Gegenwart jenseits der materiellen Welt als der Höchste Persönliche Gott, können Ihn die weniger Intelligenten nicht als die Höchste Person erkennen. Zweifellos ist der transzendentale Körper Śrī Kṛṣṇas nicht vergänglich. Er ist genau wie die Sonne, und māyā ist wie eine Wolke. In der materiellen Welt können wir die Sonne, Wolken und verschiedene Sterne und Planeten sehen. Die Wolken mögen all die verschiedenen Erscheinungen am Himmel zeitweilig bedecken, doch diese Bedeckung besteht nur aufgrund unserer begrenzten Sicht; die Sonne, der Mond und die Sterne sind nicht wirklich bedeckt. Ebensowenig kann māyā den Höchsten Herrn bedecken. Durch Seine innere Energie ist Er den weniger intelligenten Menschen nicht sichtbar. Wie im dritten Vers dieses Kapitels erklärt wird, versuchen unter Millionen und Abermillionen von Menschen nur einige wenige, in dieser menschlichen Form des Lebens vollkommen zu werden, und von vielen Tausenden und Abertausenden solcher Menschen kann kaum einer verstehen, wer Śrī Kṛṣṇa ist. Selbst wenn man durch die Erkenntnis des unpersönlichen Brahman oder des lokalisierten Paramātmā eine hohe Stufe der Erkenntnis erreicht hat, kann man unmöglich den Höchsten Persönlichen Gott, Śrī Kṛṣṇa, verstehen, ohne im Kṛṣṇa-Bewußtsein zu sein.

VERS 27

इच्छाद्वेषसमुत्थेन द्वन्द्वमोहेन भारत ।
सर्वभूतानि सम्मोहं सर्गे यान्ति परंतप ॥२७॥

icchā-dveṣa samutthena
dvandva-mohena bhārata
sarva-bhūtāni saṁmohaṁ
sarge yānti parantapa

icchā – Verlangen; dveṣa – Haß; samutthena – geboren; dvandva – Dualität; mohena – überwältigt; bhārata – O Sohn Bharatas (Arjuna); sarva – alle; bhūtāni – Lebewesen; sammoham – in Illusion; sarge – in der Schöpfung; yānti – gehen; parantapa – O Bezwinger der Feinde.

ÜBERSETZUNG

O Nachkomme Bharatas, o Bezwinger der Feinde, alle Lebewesen sind in Illusion geboren, überwältigt von der Dualität von Verlangen und Haß.

ERKLÄRUNG

Es ist die ursprüngliche, wesenseigene Position des Lebewesens, dem Höchsten Herrn, der reines Wissen ist, untergeordnet zu sein. Wenn man getäuscht wird und von diesem reinen Wissen getrennt ist, wird man von der illusionierenden Energie beherrscht und kann den Höchsten Persönlichen Gott nicht verstehen. Die illusionierende Energie ist in der Dualität von Verlangen und Haß manifestiert. Aufgrund von Verlangen und Haß will der unwissende Mensch mit dem Höchsten Herrn eins werden, denn er ist auf Kṛṣṇa als den Höchsten Persönlichen Gott neidisch. Reine Gottgeweihte, die nicht von Verlangen und Haß verblendet oder verschmutzt sind, können verstehen, daß Śrī Kṛṣṇa durch Seine inneren Energien erscheint, aber diejenigen, die von Dualität und Unwissenheit getäuscht sind, denken, der Höchste Persönliche Gott sei von materiellen Energien erschaffen worden. Das ist ihr Mißgeschick. Solche verblendeten Menschen leben bezeichnenderweise in Dualitäten wie Schmach und Ehre, Leid und Glück, Weib und Mann, gut und schlecht, Freude und Schmerz usw. und denken: „Das ist meine Frau; das ist mein Haus; ich bin der Herr dieses Hauses; ich bin der Mann dieser Frau usw.“ Dies alles sind Dualitäten der Verblendung. Diejenigen, die von Dualitäten getäuscht sind, befinden sich völlig in Illusion und können daher den Höchsten Persönlichen Gott nicht verstehen.

VERS 28

येषां त्वन्तगतं पापं जनानां पुण्यकर्मणाम् ।
ते द्वन्द्वमोहनिर्मुक्ता भजन्ते मां दृढव्रताः ॥२८॥

yeṣāṁ tv anta-gataṁ pāpaṁ
janānāṁ punya-karmaṇām
te dvandva-moha-nirmuktā
bhajante māṁ dṛḍha-vratāḥ

yeṣām – deren; tu – aber; anta-gatam – vollständig getilgt; pāpam – Sünde; janānām – von den Menschen; puṇya – fromm; karmaṇām – vorangegangene Aktivitäten; te – sie; dvandva – Dualität; moha – Illusion; nirmuktāḥ – frei von; bhajante – verehren; mām – Mich; dṛḍha-vratāḥ – mit Entschlossenheit.

ÜBERSETZUNG

Menschen, die in vorangegangenen und im gegenwärtigen Leben fromm gehandelt haben, deren sündige Handlungen vollständig getilgt und die von der Dualität der Illusion befreit sind, beschäftigen sich mit Entschlossenheit in Meinem Dienst.

ERKLÄRUNG

In diesem Vers werden diejenigen erwähnt, die geeignet sind, in die transzendentale Position erhoben zu werden. Für Menschen, die sündig, atheistisch, verblendet und falsch sind, ist es sehr schwierig, die Dualität von Verlangen und Haß zu überwinden. Nur diejenigen, die in ihrem Leben die regulierenden Prinzipien der Religion eingehalten haben, die fromm gehandelt und die sündigen Reaktionen überwunden haben, können sich dem hingebungsvollen Dienen zuwenden und allmählich auf die Stufe des reinen Wissens über den Höchsten Persönlichen Gott gelangen. Dann, allmählich, können sie in Trance über den Höchsten Persönlichen Gott meditieren. Das ist der Vorgang, durch den man auf der spirituellen Ebene verankert wird. Dieser Aufstieg ist im Kṛṣṇa-Bewußtsein in der Gemeinschaft reiner Gottgeweihten möglich, die den Menschen von Verblendung befreien können.

Im Śrīmad-Bhāgavatam heißt es, daß man den Gottgeweihten dienen muß, wenn man wirklich befreit werden möchte; wer jedoch mit materialistischen Menschen Umgang hat, befindet sich auf dem Pfad, der zum dunkelsten Bereich des Daseins führt. Alle Gottgeweihten reisen nur über diese Erde, um die bedingten Seelen von ihrer Illusion zu befreien. Die Unpersönlichkeitsanhänger wissen nicht, daß es die größte Verletzung der Gesetze Gottes ist, wenn sie ihre wesenseigene Position als Untergebene des Höchsten Herrn vergessen. Solange man sich nicht in seiner ursprünglichen Position befindet, ist es nicht möglich, die Höchste Person zu verstehen oder mit Entschlossenheit völlig in Seinem transzendentalen liebevollen Dienst beschäftigt zu sein.

VERS 29

जरामरणमोक्षाय मामाश्रित्य यतन्ति ये ।
ते ब्रह्म तद्विदुः कृत्स्नमध्यात्मं कर्म चाखिलम् ॥२९॥

jarā-maraṇa-mokṣāya
mām āśritya yatanti ye
te brahma tad viduḥ kṛtsnam
adhyātmaṁ karma cākhilam

jarā – Alter; maraṇa – Tod; mokṣāya – mit der Absicht, befreit zu werden; mām – bei Mir; āśritya – Zuflucht nehmen; yatanti – Bemühen; ye – alle die; te – solche Menschen; brahma – Brahman; tat – wirklich das; viduḥ – sie wissen; kṛtsnam – alles; adhyātmam – transzendental; karma – fruchtbringende Aktivitäten; ca – auch; akhilam – völlig.

ÜBERSETZUNG

Die Intelligenten, die nach Befreiung von Alter und Tod streben, suchen bei Mir im hingebungsvollen Dienen Zuflucht. Sie sind wahrhaft Brahman, da sie alles über transzendentale und fruchtbringende Aktivitäten wissen.

ERKLÄRUNG

Geburt, Alter, Krankheit und Tod beeinflussen zwar den materiellen Körper, nicht aber den spirituellen. Für den spirituellen Körper gibt es keine Geburt, kein Alter, keine Krankheit und keinen Tod. Wer also einen spirituellen Körper erlangt, wird einer der Gefährten des Höchsten Persönlichen Gottes und beschäftigt sich im ewigen hingebungsvollen Dienen; er ist wirklich befreit. Ahaṁ brahmāsmi: „Ich bin von spiritueller Natur.“ Es wird gesagt, man solle verstehen, daß man Brahman ist – spirituelle Seele. Wie in diesem Vers beschrieben wird, ist diese Brahman-Auffassung des Lebens ebenfalls hingebungsvolles Dienen. Die reinen Gottgeweihten sind transzendental auf der Ebene des Brahman verankert und wissen alles über transzendentale und materielle Aktivitäten.

Die vier Arten von unreinen Gottgeweihten, die sich im transzendentalen Dienst des Herrn beschäftigen, erreichen ihre jeweiligen Ziele, und wenn sie völlig Kṛṣṇa-bewußt sind, genießen sie durch die Gnade des Höchsten das spirituelle Zusammensein mit dem Höchsten Herrn. Aber diejenigen, die die Halbgötter verehren, erreichen den Herrn auf Seinem höchsten Planeten niemals. Selbst die weniger intelligenten, Brahman-verwirklichten Menschen können den höchsten Planeten Kṛṣṇas, der als Goloka Vṛndāvana bekannt ist, nicht erreichen. Nur Menschen, die Aktivitäten im Kṛṣṇa-Bewußtsein ausführen (mām āśritya), sind wirklich berechtigt, Brahman genannt zu werden, denn sie bemühen sich aufrichtig, den Kṛṣṇa-Planeten zu erreichen. Solche Menschen zweifeln nicht an Kṛṣṇa, und daher sind sie tatsächlich Brahman.

Diejenigen, die die arcā (Form) des Herrn verehren oder über den Herrn meditieren, um von der materiellen Fessel befreit zu werden, kennen ebenfalls, durch die Gnade des Herrn, die Bedeutung von Brahman, adhibhūta usw. Dies wird vom Herrn im nächsten Kapitel näher erklärt werden.

VERS 30

साधिभूताधिदैवं मां साधियज्ञञ्च ये विदुः ।
प्रयाणकालेऽपि च मां ते विदुर्युक्तचेतसः ॥३०॥

sādhibhūtādhidaivaṁ māṁ
sādhiyajñaṁ ca ye viduḥ
prayāṇa-kāle’pi ca māṁ
te vidur yukta-cetasaḥ

sa-adhibhūta – das beherrschende Prinzip der materiellen Manifestation; adhidaivam – allen Halbgöttern zugrunde liegend; mām – Mich; sa-adhiyajñam – alle Opfer erhaltend; ca – und; ye – diejenigen; viduḥ – wissen; prayāṇa – des Todes; kāle – zu der Zeit; api – sogar; ca – und; mām – Mich; te – sie; viduḥ – kennen; yukta-cetasaḥ – mit standhaftem Geist.

ÜBERSETZUNG

Wer Mich als den Höchsten Herrn, als das beherrschende Prinzip der materiellen Manifestation kennt, und weiß, daß Ich es bin, der alle Halbgötter erhält und alle Opfer ermöglicht, kann sich mit stetigem Geist selbst zur Stunde des Todes an Mich erinnern.

ERKLÄRUNG

Menschen, die im Kṛṣṇa-Bewußtsein handeln, weichen nie ganz vom Pfad ab, der zur Erkenntnis des Höchsten Persönlichen Gottes führt. In der transzendentalen Gemeinschaft des Kṛṣṇa-Bewußtseins kann man verstehen, auf welche Weise der Herr das beherrschende Prinzip der materiellen Manifestation ist und wie Er sogar die Halbgötter beherrscht. Allmählich wird man durch diese transzendentale Gemeinschaft vom Höchsten Persönlichen Gott überzeugt, und selbst zur Zeit des Todes kann solch ein Kṛṣṇa-bewußter Mensch Kṛṣṇa nicht vergessen. Auf diese Weise wird er zum Planeten des Höchsten Herrn, Goloka Vṛndāvana, erhoben.

Dieses Siebte Kapitel erklärt ganz besonders, wie man völlig Kṛṣṇa-bewußt werden kann. Kṛṣṇa-Bewußtsein beginnt, wenn man mit Kṛṣṇa-bewußten Menschen zusammenlebt. Solch ein Zusammensein ist spirituell und bringt einen Menschen direkt mit dem Höchsten Herrn in Verbindung, und durch Seine Gnade kann man verstehen, daß Er der Höchste Gott ist. Zur gleichen Zeit kann man die wesenseigene Position des Lebewesens wirklich verstehen und erkennen, auf welche Weise das Lebewesen Kṛṣṇa vergißt und in materielle Aktivitäten verstrickt wird. Wenn das Lebewesen in guter Gemeinschaft allmählich Kṛṣṇa-Bewußtsein entwickelt, kann es verstehen, daß es von den Gesetzen der materiellen Natur bedingt worden ist, weil es Kṛṣṇa vergessen hat. Es kann ebenfalls verstehen, daß die menschliche Form des Lebens eine Gelegenheit ist, Kṛṣṇa-Bewußtsein wiederzuerwecken, und daß diese Form in jeder Hinsicht genutzt werden sollte, die grundlose Barmherzigkeit des Höchsten Herrn zu erlangen.

In diesem Kapitel sind viele Themen erörtert worden: der Notleidende, der Wißbegierige, der Mensch, dem es an materiellen Notwendigkeiten mangelt, Wissen über Brahman, Wissen über Paramātmā, Befreiung von Geburt, Tod und Krankheiten, und die Verehrung des Höchsten Herrn. Wer jedoch im Kṛṣṇa-Bewußtsein wirklich fortgeschritten ist, kümmert sich nicht um diese verschiedenen Vorgänge. Er beschäftigt sich ganz einfach direkt in Aktivitäten des Kṛṣṇa-Bewußtseins und erreicht so tatsächlich seine wesenseigene Position als ewiger Diener Śrī Kṛṣṇas. Auf dieser Stufe findet er Freude daran, im reinen hingebungsvollen Dienen über den Herrn zu hören und Ihn zu lobpreisen. Er ist davon überzeugt, daß durch diese Handlungsweise alle Ziele erreicht werden. Dieses entschlossene Vertrauen wird dṛḍha-vrata genannt und bildet den Anfang des bhakti-yoga, des transzendentalen liebevollen Dienens. Das ist die Aussage aller offenbarten Schriften. Das Siebte Kapitel der Bhagavad-gītā bildet die Essenz dieser Überzeugung.

So enden die Erklärungen Bhaktivedantas zum Siebten Kapitel der
Śrīmad-Bhagavad-gītā, genannt ,,Wissen über den Absoluten“.

Lotus

Bhagavad-gītā (1. Auflage 1974):  [PDF] (60 MB, Bilder, Sanskrit, Lesezeichen)
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