Original 1. Auflage 1974 - von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupāda
- Bhagavad-gītā - Wie Sie Ist -
Fünfzehntes Kapitel
Der yoga der Höchsten Person
VERS 1
श्रीभगवानुवाच ।
ऊर्द्ध्वमूलमधःशाखमश्वत्थं प्राहुरव्ययम् ।
छन्दांसि यस्य पर्णानि यस्तं वेद स वेदवित् ॥१॥
śrī bhagavān uvāca
ūrdhva-mūlam adhaḥ-śākham
aśvatthaṁ prāhur avyayam
chandāṁsi yasya parṇāni
yas taṁ veda sa veda-vit
śrī bhagavān uvāca – der Höchste Persönliche Gott sagte; ūrdhva-mūlam – mit den Wurzeln nach oben; adhaḥ – nach unten; śākham – Zweige; aśvattham – Banyanbaum; prāhuḥ – sagte; avyayam – ewig; chandāṁsi – vedische Hymnen; yasya – von dem; parṇāni – die Blätter; yaḥ – jeder; tam – das; veda – weiß; saḥ – er; veda-vit – der Kenner der Veden.
ÜBERSETZUNG
Der Höchste Herr sagte: Es existiert ein Banyanbaum, dessen Wurzeln nach oben und dessen Zweige nach unten gerichtet sind. Die vedischen Hymnen bilden seine Blätter. Wer diesen Baum kennt, kennt die Veden.
ERKLÄRUNG
Nachdem die Wichtigkeit des bhakti-yoga erklärt worden ist, mag man sich nun nach der eigentlichen Bedeutung der Veden fragen. In diesem Kapitel wird erklärt, daß es das Ziel des Studiums der Veden ist, Kṛṣṇa zu verstehen. Wer daher im Kṛṣṇa-Bewußtsein verankert ist, das heißt, wer sich im hingebungsvollen Dienen beschäftigt, kennt die Veden bereits.
Die Verstrickung in die materielle Welt wird in diesem Vers mit einem Banyanbaum verglichen. Für jemanden, der fruchtbringenden Aktivitäten nachgeht, breitet sich dieser Baum ins Endlose aus. Ein solcher Mensch wandert von einem Zweig zum anderen, von dort zum nächsten, dann wieder zu einem anderen und so weiter. Der Banyanbaum der materiellen Welt hat kein Ende, und für jemanden, der an diesem Baum haftet, ist es unmöglich, befreit zu werden. Die vedischen Hymnen, die dazu bestimmt sind, den Menschen auf eine höhere Stufe zu erheben, werden mit den Blättern dieses Baumes verglichen. Die Wurzeln des Baumes wachsen nach oben, weil sie vom höchsten Planeten des Universums ausgehen, dem Aufenthaltsort Brahmās. Wenn man diesen unzerstörbaren Baum der Illusion verstehen kann, kann man von ihm befreit werden.
In den vorangegangenen Kapiteln wurde beschrieben, daß es viele Vorgänge gibt, durch die man von der materiellen Verstrickung befreit werden kann, und bis zum Dreizehnten Kapitel wurde erklärt, daß hingebungsvolles Dienen für den Höchsten Herrn der beste Weg ist. Das grundlegende Prinzip des hingebungsvollen Dienens besteht in der Loslösung von materiellen Aktivitäten und der Zuneigung zum transzendentalen Dienst des Herrn. Wie man die Anhaftung an die materielle Welt verlieren kann, wird zu Beginn dieses Kapitels erklärt. Die Wurzel der materiellen Existenz wächst nach oben. Das bedeutet, daß sie von der gesamten materiellen Substanz ausgeht, vom höchsten Planeten des Universums. Von dort aus erweitert sich das gesamte Universum mit seinen vielen Zweigen, die die verschiedenen Planetensysteme repräsentieren. Die Früchte repräsentieren die Ergebnisse der Aktivitäten des Lebewesens, nämlich die Ergebnisse von Religion, wirtschaftlicher Entwicklung, Sinnesbefriedigung und Befreiung.
In der uns bekannten Welt kennen wir keinen Baum, dessen Zweige nach unten und dessen Wurzeln nach oben gerichtet sind, und dennoch existiert ein solcher Baum auch hier; man kann ihn an einem See finden. Wir sehen, daß sich die Bäume am Ufer eines Sees mit nach unten gekehrten Zweigen und nach oben gerichteten Wurzeln im Wasser spiegeln. Mit anderen Worten, der Baum der materiellen Welt ist lediglich eine Reflexion des wirklichen Baumes der spirituellen Welt. Diese Reflexion der spirituellen Welt basiert auf Verlangen, ähnlich wie die Reflexion des Baumes am Seeufer auf dem Wasser ruht. Verlangen ist die Ursache dafür, daß sich die Dinge im reflektierten materiellen Licht befinden. Wer dem materiellen Dasein entkommen will, muß den Baum der materiellen Welt durch ein analytisches Studium in allen Einzelheiten kennenlernen. Dann erst kann man die Verstrickung in ihn zerschneiden.
Weil dieser Baum eine Reflexion des wirklichen Baumes ist, ist er ein genaues Abbild der Realität. In der spirituellen Welt finden wir alles, was auch hier existiert. Die Unpersönlichkeitsanhänger halten Brahmā für die Wurzel des materiellen Baumes, und nach den Lehren der sāṅkhya-Philosophie entspringen dieser Wurzel prakṛti, puruṣa, die drei guṇas, die fünf groben Elemente (pañca-mahābhūta), die zehn Sinne (daśendriya), der Geist usw. Auf diese Weise wird die gesamte materielle Welt analysiert. Brahmā ist das Zentrum aller Manifestationen, und die materielle Welt ist eine um 180 Grad um das Zentrum gedrehte Manifestation; die anderen 180 Grad bilden die spirituelle Welt. Die materielle Welt ist eine pervertierte Reflexion, und daher muß es in der spirituellen Welt die gleiche Mannigfaltigkeit geben – doch dort ist sie Wirklichkeit. Die prakṛti ist die äußere Energie des Höchsten Herrn, und der puruṣa ist der Höchste Herr Selbst. All dies wird in der Bhagavad-gītā erklärt. Weil die Manifestation des Universums materiell ist, ist sie zeitweilig. Eine Reflexion ist zeitweilig, denn sie ist nur für kurze Zeit sichtbar und verschwindet dann wieder. Der Ursprung jedoch, der gespiegelt wird, ist ewig. Man muß sich von der materiellen Reflexion des wirklichen Baumes lösen. Wenn man von einem Menschen sagt, er kenne die Veden, so wird von ihm erwartet, daß er weiß, wie man die Anhaftung an die materielle Welt aufgeben kann. Wenn jemand diesen Vorgang kennt, kennt er auch die Veden. Wer sich zu den Ritualen der Veden hingezogen fühlt, wird von den wunderschönen grünen Blättern des Baumes angezogen – er kennt das Ziel der Veden nicht. Wie vom Höchsten Persönlichen Gott Selbst erklärt wird, ist es das Ziel der Veden, diesen reflektierten Baum zu fällen und den wirklichen Baum der spirituellen Welt zu erreichen.
VERS 2
अधश्चोर्द्ध्वं प्रसृतास्तस्य शाखा गुणप्रवृद्धा विषयप्रवालाः ।
अधश्च मूलान्यनुसन्ततानि कर्मानुबन्धीनि मनुष्यलोके ॥२॥
adhaś cordhvaṁ prasṛtās tasya śākhā
guṇa-pravṛddhā viṣaya-pravālāḥ
adhaś ca mūlāny anusantatāni
karmānubandhīni manuṣya-loke
adhaḥ – nach unten; ca – und; ūrdhvam – nach oben; prasṛtāḥ – ausgebreitet; tasya – seine; śākhāḥ – Äste; guṇa – Erscheinungsweisen der materiellen Natur; pravṛddhāḥ – entwickelt; viṣaya – Sinnesobjekte; pravālāḥ – Zweige; adhaḥ – nach unten; ca – und; mūlāni – Wurzeln; anusantatāni – ausgebreitet; karma – entsprechend der Arbeit; anubandhīni – gebunden; manuṣya-loke – in der menschlichen Gesellschaft.
ÜBERSETZUNG
Die Äste dieses Baumes, die von den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur genährt werden, breiten sich nach oben und unten aus. Die Zweige sind die Objekte der Sinne. Dieser Baum hat auch Wurzeln, die nach unten reichen und in den fruchtbringenden Aktivitäten der menschlichen Gesellschaft gründen.
ERKLÄRUNG
In diesem Vers wird die Beschreibung des Banyanbaumes fortgesetzt. Seine Zweige breiten sich in alle Richtungen aus, und in seinen unteren Bereichen existieren verschiedene Arten des Lebens: menschliche Wesen, wilde Tiere, Pferde, Kühe, Hunde, Katzen usw. Sie leben in den unteren Zweigen, wohingegen sich in den oberen Bereichen die höheren Formen der Lebewesen befinden: Halbgötter, Gandharvas (Himmlische Wesen) und viele andere mehr. Wie ein Baum vom Wasser genährt wird, so wird dieser reflektierte Baum von den drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur genährt. Manchmal kommt es vor, daß ein Gebiet ausgetrocknet ist, weil es dort an Wasser mangelt, und ein anderes Mal wieder steht ein Landstreifen in voller Blüte; in ähnlicher Weise existieren dort, wo eine der drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur vorherrschend ist, die verschiedenen Arten des Lebens, die sich in dieser Erscheinungsweise befinden, in überwiegend großer Zahl.
Die Zweige des Baumes werden mit den Sinnesobjekten verglichen. Indem wir verschiedene Erscheinungsweisen der Natur entwickeln, entwickeln wir verschiedene Sinne, mit denen wir die Vielfalt der Sinnesobjekte genießen wollen. Die oberen Zweige werden mit den Sinnesorganen – den Ohren, der Nase, den Augen usw. – verglichen, die auf den Genuß der verschiedenen Sinnesobjekte abgestimmt sind. Die Sinnesobjekte wie Klang, Form, Geschmack usw. sind die Blätter. Die Nebenwurzeln sind die Nebenprodukte der verschiedenen Leiden und Sinnesgenüsse. Auf diese Weise entwickeln wir Anhaftung und Ablehnung. Die Neigungen zu Frömmigkeit und Gottlosigkeit werden als zweitrangige Wurzeln angesehen, die sich in alle Richtungen ausbreiten. Die Hauptwurzel geht von Brahmaloka aus, während die Nebenwurzeln in den verschiedenen Planetensystemen der Menschen gründen. Nachdem man die Ergebnisse tugendhafter Aktivitäten in den oberen Planetensystemen genossen hat, kehrt man wieder auf die Erde zurück und erneuert dort sein karma (geht wieder fruchtbringenden Aktivitäten nach), um daraufhin erneut erhoben zu werden. Der Planet der Menschen gilt daher als das Feld der Aktivitäten.
VERS 3–4
न रूपमस्येह तथोपलभ्यते नान्तो न चादिर्न च संप्रतिष्ठा ।
अश्वत्थमेनं सुविरूढमूलमसङ्गशस्त्रेण दृढेन छित्त्वा ॥३॥
ततः पदं तत्परिमार्गितव्यं यस्मिन्गता न निवर्त्तन्ति भूयः ।
तमेव चाद्यं पुरुषं प्रपद्ये यतः प्रवृत्तिः प्रसृता पुराणी ॥४॥
na rūpam asyeha tathopalabhyate
nānto na cādir na ca sampratiṣṭhā
aśvattham enaṁ suvirūḍha-mūlam
asaṅga-śastreṇa dṛḍhena chittvā
tataḥ padaṁ tat parimārgitavyaṁ
yasmin gatā na nivartanti bhūyaḥ
tam eva cādyaṁ puruṣaṁ prapadye
yataḥ pravṛttiḥ prasṛtā purāṇī
na – nicht; rūpam – Form; asya – dieses Baumes; iha – in dieser; tathā – auch; upalabhyate – kann wahrgenommen werden; na – niemals; antaḥ – Ende; na – niemals; ca – auch; ādiḥ – Anfang; na – niemals; ca – auch; sampratiṣṭhā – die Grundlage; aśvattham – Banyanbaum; enam – dies; suvirūḍha – stark; mūlam – verwurzelt; asaṅga-śastreṇa – mit der Waffe der Loslösung; dṛdhena – stark; chittvā – durch Schneiden; tataḥ – danach; padam – Situation; tat – dies; parimārgitavyam – muß herausgesucht werden; yasmin – wo; gatāḥ – gehend; na – niemals; nivartanti – kommt zurück; bhūyaḥ – wieder; tam – zu ihm; eva – gewiß; ca – auch; ādyam – ursprünglich; puruṣam – der Persönliche Gott; prapadye – hingeben; yataḥ – von dem; pravṛttiḥ – Anfang; prasṛtā – Ausweitung; purāṇī – sehr alt.
ÜBERSETZUNG
Die wahre Form dieses Baumes kann nicht in der materiellen Welt wahrgenommen werden. Niemand kann erkennen, wo er endet, wo er beginnt und wo sich sein Ursprung befindet. Doch entschlossen muß man diesen Baum mit der Waffe der Loslösung fällen und den Ort suchen, von dem man, wenn man ihn einmal erreicht hat, niemals wieder zurückkehrt. Dort muß man sich dem Höchsten Persönlichen Gott hingeben, von dem alles begonnen hat und in dem alles seit unvordenklichen Zeiten ruht.
ERKLÄRUNG
Aus diesem Vers geht eindeutig hervor, daß die wirkliche Form des Banyanbaumes nicht in der materiellen Welt wahrgenommen werden kann. Weil die Wurzel nach oben gerichtet ist, breitet sich der wirkliche Baum in die entgegengesetzte Richtung aus. Niemand kann sehen, wie weit sich der Baum erstreckt, noch kann jemand den Anfang dieses Baumes erkennen. Aber dennoch muß man seine Ursache herausfinden. Wenn man erkennt, „ich bin der Sohn meines Vaters, mein Vater ist der Sohn seines Vaters usw.“, und auf diese Weise weiterforscht, gelangt man zu Brahmā, der von Garbhodakaśāyī Viṣṇu geschaffen wurde. Wenn man schließlich zum Höchsten Persönlichen Gott gelangt, hat man das Ziel seines Forschens erreicht. Man muß den Ursprung des Baumes, den Höchsten Persönlichen Gott, in der Gesellschaft von Menschen suchen, die den Höchsten bereits erkannt haben. Wenn man den Höchsten Herrn versteht, löst man sich allmählich von der Reflexion der Realität, und durch diese Erkenntnis kann man die Verstrickung in die materielle Welt durchtrennen und den wirklichen Baum erreichen.
Das Wort asaṅga ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig, denn die Anhaftung an Sinnesgenuß und das Verlangen, die materielle Natur zu beherrschen, sind sehr stark. Deshalb muß man lernen, sich von diesen Fesseln zu lösen, indem man über die spirituelle Wissenschaft Gespräche führt, die auf den autoritativen Schriften beruhen, und von Menschen hört, die im wirklichen Wissen verankert sind. Als Ergebnis solcher Gespräche in der Gesellschaft von Gottgeweihten gelangt man zum Höchsten Persönlichen Gott, dem man sich daraufhin hingeben muß. Hier wird die Beschreibung des Ortes gegeben, von dem man, wenn man ihn einmal erreicht hat, nicht wieder zu dem falschen, gespiegelten Baum zurückkehren muß. Der Höchste Persönliche Gott, Kṛṣṇa, ist die ursprüngliche Wurzel, von der alles ausgeht. Um das Wohlwollen des Höchsten Persönlichen Gottes zu erlangen, braucht man sich Ihm nur hinzugeben, und diese Hingabe entwickelt sich durch hingebungsvolles Dienen, das aus Hören, Chanten usw. besteht. Er ist die Ursache für die Manifestation der materiellen Welt. Dies wurde bereits vom Herrn persönlich erklärt:
ahaṁ sarvasya prabhavaḥ
„Ich bin der Ursprung allen Seins.“
Um daher der Verstrickung in den Banyanbaum des materiellen Lebens zu entkommen, muß man sich Kṛṣṇa hingeben. Sowie man sich Kṛṣṇa hingibt, löst man sich automatisch von der materiellen Welt.
VERS 5
निर्मानमोहा जितसङ्गदोषा अध्यात्मनित्या विनिवृत्तकामाः ।
द्वन्द्वैर्विमुक्ताः सुखदुःखसंज्ञैर्गच्छन्त्यमूढाः पदमव्ययं तत् ॥५॥
nirmāna-mohā jita-saṅga-doṣā
adhyātma-nityā vinivṛtta-kāmāḥ
dvandvair vimuktāḥ sukha-duḥkha-saṁjñair
gacchanty amūḍhāḥ padam avyayaṁ tat
nir – ohne; māna – Respekt; mohāḥ – Illusion; jita – überwunden; saṅga – Umgang; doṣāḥ – fehlerhaft; adhyātma – spirituelle; nityāḥ – Ewigkeit; vinivṛtta – verbunden; kāmāḥ – Lüste; dvandvaiḥ – mit Dualität; vimuktāḥ – befreit; sukha-duḥkha – Glück und Leid; saṁjñaiḥ – mit Namen; gacchanti – erreicht; amūḍhāḥ – nicht verwirrt; padam – Situation; avyayam – ewig; tat – dies.
ÜBERSETZUNG
Wer frei von Illusion, falschem Prestige und falschem Umgang ist, wer das Ewige versteht, die materielle Lust hinter sich gelassen hat und von der Dualität von Glück und Leid befreit ist, und wer weiß, wie man sich der Höchsten Person hingibt, erreicht dieses ewige Königreich.
ERKLÄRUNG
In diesem Vers wird der Vorgang der Hingabe sehr schön erklärt. Die erste Qualifikation besteht darin, nicht von Stolz getäuscht zu sein. Weil die bedingte Seele aufgeblasen ist und sich selbst für den Herrn über die materielle Natur hält, ist es für sie sehr schwierig, sich dem Höchsten Persönlichen Gott hinzugeben. Man sollte durch die Entwicklung wirklichen Wissens verstehen, daß man nicht der Herr über die materielle Natur ist – der Höchste Persönliche Gott ist der Herr. Wenn man frei von dieser Täuschung ist, die nur durch Stolz entsteht, kann man mit dem Vorgang der Hingabe beginnen. Einem Menschen, der fortwährend Ehre in der materiellen Welt erwartet, ist es nicht möglich, sich der Höchsten Person hinzugeben. Stolz hat seine Ursache in Illusion, denn obwohl man nur für eine kurze Zeit in dieser Welt bleibt, und dann wieder geht, glaubt man in seiner Verblendung, man sei der Herr der Welt. Auf diese Weise macht man die Dinge nur noch komplizierter als sie schon sind und befindet sich daher ständig in Schwierigkeiten. Die ganze Welt bewegt sich unter dieser Vorstellung. Die Menschen glauben, die Erde gehöre der menschlichen Gesellschaft, und in dem falschen Glauben, sie seien die Eigentümer, haben sie das Land untereinander aufgeteilt. Man muß sich von der falschen Vorstellung lösen, die menschliche Gesellschaft sei der Besitzer der Welt. Wenn man von dieser falschen Annahme befreit ist, wird man auch von allem falschem Umgang frei, der durch familiäre, soziale und nationale Gefühle bedingt ist. Dieser falsche Umgang bindet den Menschen an die materielle Welt. Nachdem man diese Stufe erreicht hat, muß man spirituelles Wissen entwickeln, das heißt, man muß lernen, was man sein eigen nennen darf, und was nicht. Wenn man die Dinge in ihrer richtigen Perspektive sieht, wird man von allen dualistischen Vorstellungen, wie Glück und Leid, Freude und Schmerz usw. befreit. Dann wird man von Wissen erfüllt, und erst auf dieser Stufe ist es dem Menschen möglich, sich dem Höchsten Persönlichen Gott hinzugeben.
VERS 6
न तद्भासयते सूर्यो न शशाङ्को न पावकः ।
यद्गत्वा न निवर्त्तन्ते तद्धाम परमं मम ॥६॥
na tad bhāsayate sūryo
na śaśāṅko na pāvakaḥ
yad gatvā na nivartante
tad dhāma paramaṁ mama
na – nicht; tat – das; bhāsayate – erleuchtet; sūryaḥ – Sonne; na – auch nicht; śaśāṅkaḥ – der Mond; na – auch nicht; pāvakaḥ – Feuer; Elektrizität; yat – wo; gatvā – gehend; na – niemals; nivartante – kommt zurück; tat dhāma – dieses Reich; paramam – erhaben; mama – Mein.
ÜBERSETZUNG
Dieses Mein Reich wird weder von der Sonne noch vom Mond, noch von Elektrizität erleuchtet. Wer es erreicht, kehrt niemals wieder in die materielle Welt zurück.
ERKLÄRUNG
Hier wird die spirituelle Welt, das Reich des Höchsten Persönlichen Gottes Kṛṣṇa beschrieben, das als Kṛṣṇaloka oder Goloka Vṛndāvana bekannt ist. In der spirituellen Welt sind weder Sonne noch Mond, noch Feuer, noch Elektrizität notwendig, denn alle Planeten dort leuchten aus sich selbst heraus. In dem uns bekannten Universum gibt es nur einen Planeten – die Sonne –, der aus sich selbst heraus leuchtet, doch im spirituellen Himmel leuchten alle Planeten aus sich selbst heraus. Die leuchtende Ausstrahlung all dieser Planeten (die Vaikuṇṭhas genannt werden) bildet den leuchtenden Himmel, der als brahmajyoti bekannt ist. Ursprünglich geht diese Ausstrahlung von Goloka Vṛndāvana aus, dem Planeten Kṛṣṇas. Ein Teil dieser Ausstrahlung ist vom mahat-tattva (der materiellen Welt) bedeckt, doch der größte Teil dieses leuchtenden Himmels ist mit spirituellen Planeten übersät, die Vaikuṇṭhas genannt werden, von denen Goloka Vṛndāvana der höchste ist.
Solange sich ein Lebewesen in der dunklen materiellen Welt aufhält, führt es ein bedingtes Leben; doch sobald es den spirituellen Himmel erreicht, indem es den falschen, pervertierten Baum der materiellen Welt fällt, wird es befreit und muß niemals wieder in diese Welt zurückkehren. Im bedingten Leben hält sich das Lebewesen für den Herrn über die materielle Welt, doch in seinem befreiten Zustand geht es in das spirituelle Königreich ein und wird der Gefährte des Höchsten Herrn. Dort genießt es ewige Glückseligkeit, ewiges Leben und vollkommenes Wissen.
Diese Information sollte uns begeistern. Man sollte danach streben, sich zu dieser ewigen Welt zu erheben, und sich daher von der Reflexion der Wirklichkeit freimachen. Für einen Menschen, der zu sehr an der materiellen Welt haftet, ist es sehr schwierig, sich von dieser Anhaftung zu lösen; doch wenn man den Vorgang des Kṛṣṇa-Bewußtseins annimmt, ist es möglich, allmählich frei zu werden. Man muß sich Gottgeweihten anschließen, das heißt Menschen, die Kṛṣṇa-bewußt sind. Man sollte eine Gesellschaft ausfindig machen, die sich dem Kṛṣṇa-Bewußtsein widmet, und lernen, wie man hingebungsvolles Dienen ausführen kann. Auf diese Weise kann man seine Anhaftung an die materielle Welt verlieren. Man kann sich von der Anziehung an die materielle Welt nicht lösen, indem man sich lediglich in ein saffranfarbenes Tuch kleidet. Man muß sich zum hingebungsvollen Dienst des Herrn hingezogen fühlen. Deshalb sollte man sich darüber bewußt sein, daß das hingebungsvolle Dienen, wie es im Zwölften Kapitel beschrieben wird, der einzige Weg ist, der falschen Repräsentation des wirklichen Baumes zu entkommen. Im Vierzehnten Kapitel wird beschrieben, in welcher Weise die verschiedenen Vorgänge zur Selbstverwirklichung von der materiellen Natur verunreinigt sind. Nur hingebungsvolles Dienen wurde als völlig rein und transzendental bezeichnet.
Die Worte paramam mama sind in diesem Vers sehr wichtig. In Wirklichkeit ist alles Existierende das Eigentum des Höchsten Herrn, doch nur die spirituelle Welt ist paramam (angefüllt mit sechs Füllen). In den Upaniṣaden wird ebenfalls bestätigt, daß in der spirituellen Welt weder Sonnen- noch Mondschein notwendig sind, da der gesamte spirituelle Himmel von der inneren Energie des Höchsten Herrn erleuchtet wird. Dieses erhabene Reich kann einzig und allein durch Hingabe erreicht werden – und auf keinem anderen Weg.
VERS 7
ममैवांशो जीवलोके जीवभूतः सनातनः ।
मनःषष्ठानीन्द्रियाणि प्रकृतिस्थानि कर्षति ॥७॥
mamaivāṁśo jīva-loke
jīva-bhūtaḥ sanātanaḥ
manaḥ ṣaṣṭhānīndriyāṇi
prakṛti-sthāni karṣati
mama – Meine; eva – gewiß; aṁśaḥ – fragmentarische Teilchen; jīva-loke – Welt des bedingten Lebens; jīva-bhūtaḥ – die bedingten Lebewesen; sanātanaḥ – ewig; manaḥ – Geist; ṣaṣṭhānī – sechs; indriyāṇi – Sinne; prakṛti – materielle Natur; sthāni – befindlich; karṣati – schwer kämpfen.
ÜBERSETZUNG
Die Lebewesen in der materiellen Welt sind Meine ewigen fragmentarischen Teile. Weil sie ein bedingtes Leben führen, kämpfen Sie sehr schwer mit den sechs Sinnen, zu denen auch der Geist zählt.
ERKLÄRUNG
In diesem Vers wird die Identität des Lebewesens eindeutig definiert. Das Lebewesen ist ein fragmentarisches, winziges Bestandteil des Höchsten Herrn – ewiglich. Die Auffassung, es nehme nur in seinem bedingten Leben eine Individualität an und werde im befreiten Zustand mit dem Höchsten Herrn eins, ist nicht richtig. Es ist immer ein Fragment, und es wird unmißverständlich gesagt: sanātanaḥ (ewiglich). Nach der Aussage der Veden manifestiert und erweitert Sich der Herr in unzählige Erweiterungen, von denen die Lebewesen übergeordnete Erweiterungen sind. Mit anderen Worten, das Viṣṇu-tattva ist die persönliche Erweiterung Kṛṣṇas, wohingegen die Lebewesen abgesonderte Erweiterungen sind. Durch Seine persönlichen Erweiterungen ist der Herr in verschiedenen Formen wie Rāma, Nṛsiṁhadeva, Viṣṇumūrti und all den vorherrschenden Gottheiten auf den Vaikuṇtha-Planeten manifestiert. Die abgesonderten Erweiterungen, die Lebewesen, sind Seine ewigen Diener. Auch die persönlichen Erweiterungen des Höchsten Persönlichen Gottes, die individuellen Identitäten Gottes, existieren ewiglich, und wie sie, so haben auch die abgesonderten Erweiterungen (die Lebewesen) ihre individuellen Identitäten.
Als fragmentarische Bestandteile des Höchsten Herrn haben die Lebewesen auch fragmentarische Eigenschaften, von denen Unabhängigkeit eine ist. Jedes Lebewesen ist eine individuelle Seele und hat eine persönliche Individualität und eine winzige Unabhängigkeit. Durch den Mißbrauch dieser Unabhängigkeit wird es zu einer bedingten Seele, und wenn es diese Unabhängigkeit in rechter Weise gebraucht, ist es eine ewig befreite Seele. In jedem Fall aber ist das Lebewesen, wie der Höchste Herr, ewig. Im befreiten Zustand ist das Lebewesen von der materiellen Energie frei und beschäftigt sich im transzendentalen Dienst des Herrn; in seinem bedingten Leben hingegen wird es von den materiellen Erscheinungsweisen der Natur beherrscht und vergißt den transzendentalen liebevollen Dienst für den Herrn. Folglich muß es sehr schwer kämpfen, um sich in der materiellen Welt zu behaupten.
Nicht nur die Menschen, Katzen und Hunde, sondern alle Lebewesen – selbst die großen Kontrollierenden der materiellen Welt wie Brahmā, Śiva und sogar Viṣṇu – sind Teile des Höchsten Herrn. Sie alle sind ewige Manifestationen – nicht zeitweilige.
Das Wort karṣati (schwer kämpfen oder ringen) ist von großer Bedeutung. Die bedingte Seele ist gebunden, als wäre sie in eiserne Ketten gelegt. Sie ist vom falschen Ich gefesselt, und der Geist ist die Hauptkraft, die sie im materiellen Dasein fortbewegt. Wenn sich der Geist in der Erscheinungsweise der Reinheit befindet, sind die Aktivitäten der bedingten Seele vorteilhaft; wenn sich der Geist in der Erscheinungsweise der Leidenschaft befindet, bringen ihre Aktivitäten Schwierigkeiten mit sich, und wenn sich der Geist in der Erscheinungsweise der Unwissenheit befindet, fällt das Lebewesen in die niederen Arten des Lebens zurück. In diesem Vers wird gesagt, daß die bedingte Seele vom materiellen Körper, das heißt vom Geist und von den Sinnen, bedeckt ist. Wenn sie jedoch befreit ist, vergeht diese materielle Bedeckung, und der spirituelle Körper manifestiert sich je nach seiner individuellen Fähigkeit. In der Mādhyandi-nāyana-śruti finden wir folgende Information:
sa vā eṣa brahma-niṣṭha idaṁ śarīraṁ
marttyam atisṛjya brahmābhisampadya
brahmaṇā paśyati brahmaṇā śṛṇoti
brahmaṇaivedaṁ sarvam anubhavati
Hier wird erklärt, daß ein Lebewesen seinen spirituellen Körper wiedererweckt, wenn es die materielle Verkörperung verläßt und in die spirituelle Welt eingeht. Im spirituellen Körper kann es dann dem Höchsten Persönlichen Gott von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen; es kann Ihm zuhören, mit Ihm sprechen, und es kann die Höchste Persönlichkeit so verstehen, wie Sie wirklich ist.
Aus der smṛti können wir auch erfahren, daß alle Lebewesen auf den spirituellen Planeten in Körpern leben, die dem des Höchsten Persönlichen Gottes gleichen. Hinsichtlich des Körperbaus besteht zwischen den Lebewesen (den winzigen Bestandteilen) und den vollständigen Erweiterungen des Höchsten Herrn kein Unterschied. Mit anderen Worten, bei der Befreiung erhält das Lebewesen durch die Gnade des Höchsten Herrn, des Persönlichen Gottes, einen spirituellen Körper.
Das Wort mamaivāṁśaḥ (fragmentarisches Bestandteil des Höchsten Herrn) ist ebenfalls von großer Bedeutung. Man kann das fragmentarische Teil des Höchsten nicht mit einem materiellen, abgeschnittenen Teil vergleichen. Im Zweiten Kapitel haben wir bereits erfahren, daß die spirituelle Seele nicht in Stücke geschnitten werden kann. Dieses Fragment kann nicht in materiellen Begriffen definiert werden, denn es ist von anderer Beschaffenheit als Materie, die man in Stücke schneiden und daraufhin wieder zusammenfügen kann. Diese Vorstellung ist falsch, denn in diesem Zusammenhang wird das Sanskritwort sanātana (ewig) gebraucht. Zu Beginn des Zweiten Kapitels wird ebenfalls gesagt (dehino ’smin yathā), daß in jedem einzelnen individuellen Körper das fragmentarische Teil des Höchsten Herrn anwesend ist. Wenn dieses fragmentarische Teil von der körperlichen Verstrickung befreit ist, erweckt es seinen ursprünglichen, spirituellen Körper im spirituellen Himmel auf einem spirituellen Planeten und erfreut sich dort des Zusammenseins mit dem Höchsten Herrn. Hieraus geht deutlich hervor, daß das Lebewesen, als winziges Bestandteil des Höchsten, qualitativ mit Ihm eins ist – genau wie auch Goldstücke Gold sind.
VERS 8
शरीरं यदवाप्नोति यच्चाप्युत्क्रामतीश्वरः ।
गृहीत्वैतानि संयाति वायुर्गन्धानिवाशयात् ॥८॥
śarīraṁ yad avāpnoti
yac cāpy utkrāmatīśvaraḥ
gṛhītvaitāni saṁyāti
vāyur gandhān ivāśayāt
śarīram – Körper; yat – so viel wie; avāpnoti – bekommt; yat – das was; ca – auch; api – wirklich; utkrāmati – gibt auf; īśvaraḥ – der Herr des Körpers; gṛhītvā – nehmend; etāni – all diese; saṁyāti – geht fort; vāyuḥ – Luft; gandhān – Geruch; iva – wie; āśayāt – von der Blume.
ÜBERSETZUNG
Das Lebewesen in der materiellen Welt trägt seine verschiedenen Lebensauffassungen von einem Körper zum anderen, wie der Wind Düfte mit sich trägt.
ERKLÄRUNG
Hier wird das Lebewesen als īśvara beschrieben, als derjenige, der den eigenen Körper kontrolliert. Es hat die Wahl, seinen Körper gegen einen Körper einzutauschen, der sich auf einer höheren Ebene befindet, oder zu einer niederen Form des Lebens abzusinken. Es hat eine winzige Unabhängigkeit. Der Wechsel, dem der Körper unterliegt, hängt vom Lebewesen ab. Beim Tod wird das Lebewesen durch das Bewußtsein, das es in seinem Leben entwickelt hat, zum nächsten Körper getragen. Wenn es das Bewußtsein einer Katze oder das eines Hundes entwickelt hat, wird es mit Sicherheit den Körper einer Katze oder den eines Hundes annehmen müssen. Wenn es sein Bewußtsein auf göttliche Eigenschaften gerichtet hat, wird es in die Form eines Halbgottes überwechseln. Und wenn das Lebewesen Kṛṣṇa-bewußt ist, wird es nach Kṛṣṇaloka, in die spirituelle Welt, gebracht werden und dort mit Kṛṣṇa zusammensein. Die Behauptung, nach der Vernichtung des Körpers sei alles zu Ende, ist falsch. Die individuelle Seele wandert von einem Körper zum anderen, und ihr gegenwärtiger Körper und ihre gegenwärtigen Aktivitäten sind der Hintergrund für ihren nächsten Körper. In Entsprechung zu ihrem karma erhält sie einen neuen Körper, und das Gesetz des karma bestimmt auch, wann sie diesen Körper wieder verlassen muß. Es wird hier gesagt, daß der feinstoffliche Körper, der die Vorstellung des nächsten Körpers mit sich trägt, einen anderen, neuen Körper im nächsten Leben entwickelt. Dieser Vorgang, von einem Körper zum anderen zu wandern, und zu kämpfen, während man sich im Körper befindet, wird karṣati (Kampf ums Dasein) genannt.
VERS 9
श्रोत्रञ्चक्षुः स्पर्शनञ्च रसनं घ्राणमेव च ।
अधिष्ठाय मनश्चायं विषयानुपसेवते ॥९॥
śrotraṁ cakṣuḥ sparśanaṁ ca
rasanaṁ ghrāṇam eva ca
adhiṣṭhāya manaś cāyaṁ
viṣayān upasevate
śrotram – Ohren; cakṣuḥ – Augen; sparśanam – Berührung; ca – auch; rasanam – Zunge; ghrāṇam – Geruchssinn; eva – auch; ca – und; adhiṣṭhāya – sich befindend; manaḥ – Geist; ca – auch; ayam – dies; viṣayān – Sinnesobjekt; upasevate – genießt.
ÜBERSETZUNG
Wenn ein Lebewesen einen neuen grobstofflichen Körper annimmt, erhält es eine bestimmte Art von Ohren, Zunge, Nase und Tastsinn, die um den Geist gruppiert sind. Auf diese Weise genießt es ein bestimmtes Sortiment von Sinnesobjekten.
ERKLÄRUNG
Wenn das Lebewesen sein Bewußtsein mit den Eigenschaften von Katzen und Hunden verfälscht, erhält es in seinem nächsten Leben den Körper einer Katze oder den eines Hundes und genießt dementsprechend. Wasser ist ursprünglich rein, doch wenn wir Wasser mit einer Farbe vermischen, verändert es sich. In ähnlicher Weise ist auch das Bewußtsein ursprünglich rein, da die spirituelle Seele rein ist, doch wenn das Bewußtsein mit den Erscheinungsweisen der Materie in Berührung kommt, verändert es sich. Das ursprüngliche reine Bewußtsein ist Kṛṣṇa-Bewußtsein. Wenn man daher im Kṛṣṇa-Bewußtsein verankert ist, hat man sein reines Leben erreicht. Wenn aber das Bewußtsein durch materielle Lebensauffassungen verfälscht ist, erhält das Lebewesen im nächsten Leben den entsprechenden Körper. Es ist nicht sicher, daß es erneut einen menschlichen Körper erhält; es kann ebensogut den Körper einer Katze, den eines Hundes, Schweines, Halbgottes oder irgendeiner anderen Art des Lebens annehmen, denn es gibt 8 400 000 verschiedene Arten.
VERS 10
उत्क्रामन्तं स्थितं वापि भुञ्जानं वा गुणान्वितम् ।
विमूढा नानुपश्यन्ति पश्यन्ति ज्ञानचक्षुषः ॥१०॥
utkrāmantaṁ sthitaṁ vāpi
bhuñjānaṁ vā guṇānvitam
vimūḍhā nānupaśyanti
paśyanti jñāna-cakṣuṣaḥ
utkrāmantam – den Körper aufgeben; sthitam – sich im Körper befindent; vāpi – entweder; bhuñjānam – genießend; vā – oder; guṇa-anvitam – unter dem Zauber der Erscheinungsweisen der materiellen Natur; vimūḍhāḥ – törichte Menschen; na – niemals; anupaśyanti – kann sehen; jñāna-cakṣuṣaḥ – jemand, der die Augen des Wissens hat.
ÜBERSETZUNG
Die Dummen können weder verstehen, wie ein Lebewesen seinen Körper verläßt, noch wissen sie, was für eine Art von Körper es unter dem Zauber der Erscheinungsweisen der Natur genießt. Derjenige jedoch, dessen Augen im Wissen geschult sind, kann all dies erkennen.
ERKLÄRUNG
Das Wort jñāna-cakṣuṣaḥ ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung. Ohne Wissen kann man nicht verstehen, wie ein Lebewesen seinen gegenwärtigen Körper verläßt, noch, was für eine Art von Körper es im nächsten Leben erhält, noch, warum es in einem bestimmten Körper lebt. Um all dies zu verstehen, ist ein umfangreiches Wissen erforderlich, das man aus der Bhagavad-gītā und ähnlichen Schriften erhalten kann, aus denen man von einem echten geistigen Meister hören muß. Wer weiß, wie man all diese Dinge erkennen kann, befindet sich in einer glücklichen Lage. Jedes Lebewesen verläßt seinen Körper unter bestimmten Umständen und lebt und genießt auch im Bann der materiellen Natur unter ganz bestimmten Umständen. Als Folge erleidet es, in der Illusion, seine Sinne zu genießen, verschiedene Arten von Glück und Leid. Menschen, die fortwährend von Lust und Verlangen zum Narren gehalten werden, verlieren jede Fähigkeit, den Wechsel ihres Körpers und den Aufenthalt in einem bestimmten Körper zu verstehen. Sie können all dies nicht begreifen. Diejenigen jedoch, die spirituelles Wissen entwickelt haben, können erkennen, daß die Seele vom Körper verschieden ist und ihren Körper auf verschiedene Weise wechselt und genießt. Wer über solches Wissen verfügt, kann verstehen, wie sehr das bedingte Lebewesen in der materiellen Existenz leidet. Deshalb versuchen diejenigen, die im Kṛṣṇa-Bewußtsein fortgeschritten sind, ihr Bestes, der Masse der Menschen, deren bedingtes Leben sehr beschwerlich ist, dieses Wissen zu vermitteln. Alle Menschen sollten ihr bedingtes Leben verlassen, Kṛṣṇa-bewußt werden und sich befreien, um in die spirituelle Welt zurückzukehren.
VERS 11
यतन्तो योगिनश्चैनं पश्यन्त्यात्मन्यवस्थितम् ।
यतन्तोऽप्यकृतात्मानो नैनं पश्यन्त्यचेतसः ॥११॥
yatanto yoginaś cainaṁ
paśyanty ātmany avasthitam
yatanto ’py akṛtātmāno
nainaṁ paśyanty acetasaḥ
yantantaḥ – sich bemühend; yoginaḥ – Transzendentalisten; ca – auch; enam – dies; paśyanti – können sehen; ātmani – im Selbst; avasthitam – befindlich; yatantaḥ – obwohl sie sich bemühen; api – obgleich; akṛta-ātmānaḥ – ohne Selbstverwirklichung; na – nicht; evam – dies; paśyanti – können sehen; acetasaḥ – unterentwickelter Geist.
ÜBERSETZUNG
Der sich ständig bemühende Transzendentalist, der in Selbstverwirklichung verankert ist, kann all dies deutlich erkennen. Wer jedoch nicht selbstverwirklicht ist, kann, auch wenn er sich bemüht, die Dinge nicht im richtigen Licht sehen.
ERKLÄRUNG
Es gibt viele Transzendentalisten auf dem Pfad der Selbstverwirklichung, doch wer nicht selbstverwirklicht ist, kann nicht erkennen, wie sich der Körper des Lebewesens verändert. Das Wort yoginaḥ ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Heutzutage gibt es viele sogenannte yogīs und yoga-Gesellschaften, doch sie haben kein Wissen von Selbstverwirklichung. Sie sind lediglich in einige gymnastische Übungen vernarrt und sind zufrieden, wenn der Körper gut gebaut und gesund ist. Weiter reichen ihre Kenntnisse nicht. Sie werden yatanto’py akṛtātamānaḥ genannt. Obwohl sie sich bemühen, in einem sogenannten yoga-System Fortschritt zu machen, sind sie nicht selbstverwirklicht. Solche Menschen können den Vorgang der Seelenwanderung nicht verstehen. Nur diejenigen, die im yoga-System verankert sind und das Selbst, die Welt und den Höchsten Herrn verwirklicht haben, mit anderen Worten, nur die bhakti-yogīs (diejenigen, die im reinen hingebungsvollen Dienen im Kṛṣṇa-Bewußtsein beschäftigt sind) können die Dinge im richtigen Licht sehen.
VERS 12
यदादित्यगतं तेजो जगद्भासयतेऽखिलम् ।
यच्चन्द्रमसि यच्चाग्नौ तत्तेजो विद्धि मामकम् ॥१२॥
yad āditya-gataṁ tejo
jagad bhāsayate ’khilam
yac candramasi yac cāgnau
tat tejo viddhi māmakam
yat – das, was; āditya-gatam – im Sonnenschein; tejaḥ – Glanz; jagat – die ganze Welt; bhāsayate – erleuchtet; akhilam – völlig; yat – das was; candramasi – im Mond; yat – das, was; ca – auch; agnau – im Feuer; tat – das; tejaḥ – Glanz; viddhi – verstehen; māmakam – von Mir.
ÜBERSETZUNG
Das Licht der Sonne, das die Dunkelheit im gesamten Universum vertreibt, hat seinen Ursprung in Mir. Und das Leuchten des Mondes und der Schein des Feuers gehen ebenfalls von Mir aus.
ERKLÄRUNG
Menschen ohne Intelligenz können die Dinge nicht im richtigen Licht sehen. Wissen beginnt, wenn man versteht, was der Herr in diesem Vers erklärt. Jeder sieht täglich die Sonne, den Mond, das Feuer und die Elektrizität. Man sollte lediglich versuchen zu verstehen, daß das Licht der Sonne, des Mondes, der Elektrizität und des Feuers vom Höchsten Persönlichen Gott ausgeht. Eine solche Lebensauffassung, die den Beginn des Kṛṣṇa-Bewußtseins kennzeichnet, ist ein beträchtlicher Fortschritt für die bedingte Seele in der materiellen Welt. Dem Wesen nach sind die Lebewesen Teile des Höchsten Herrn, und Er gibt ihnen hiermit den Hinweis, wie sie zurück zu Gott, zurück nach Hause, kommen können.
Aus diesem Vers wird deutlich, daß die Sonne das gesamte Universum erleuchtet. Es gibt verschiedene Universen und Sonnensysteme und in ihnen auch verschiedene Sonnen, Monde und Planeten. Das Sonnenlicht hat seine Ursache in der spirituellen Ausstrahlung des Höchsten Herrn im spirituellen Himmel. Mit dem Aufgang der Sonne beginnen die Aktivitäten der Menschen: sie entzünden ein Feuer, um sich ihr Essen zu bereiten; sie entfachen Feuer, um die Maschinen in den Fabriken anlaufen zu lassen usw. – so viele Dinge geschehen mit Hilfe des Feuers. Deshalb sind Sonnenaufgang, Feuer und Mondlicht dem Lebewesen so willkommen. Ohne ihre Hilfe kann niemand existieren. Wer daher verstehen kann, daß das Licht und die Ausstrahlung der Sonne, des Mondes und des Feuers vom Höchsten Persönlichen Gott ausgehen, befindet sich auf der ersten Stufe des Kṛṣṇa-Bewußtseins.
Durch den Mondschein werden alle Arten von Gemüsen genährt. Der Mondschein ist so wohltuend, daß die Menschen leicht verstehen können, daß sie nur durch die Barmherzigkeit des Höchsten Persönlichen Gottes, Kṛṣṇa, existieren. Ohne Seine Barmherzigkeit kann es keine Sonne geben; ohne Seine Barmherzigkeit kann es keinen Mond geben; ohne Seine Barmherzigkeit kann es kein Feuer geben, und ohne die Hilfe der Sonne, des Mondes und des Feuers kann niemand leben. Dies sind einige Gedanken, die das schlafende Kṛṣṇa-Bewußtsein in der bedingten Seele wiedererwecken sollen.
VERS 13
गामाविश्य च भूतानि धारयाम्यहमोजसा ।
पुष्णामि चौषधीः सर्वाः सोमो भूत्वा रसात्मकः ॥१३॥
gām āviśya ca bhūtāni
dhārayāmy aham ojasā
puṣṇāmi cauṣadhīḥ sarvāḥ
somo bhūtvā rasātmakaḥ
gām – die Planeten; āviśya – eingehen; ca – auch; bhūtāni – Lebewesen; dhārayāmi – erhalten; aham – Ich; ojasā – durch Meine Energie; puṣṇāmi – ernähren; ca – und; auṣadhīḥ – alles Gemüse; sarvāḥ – alle; somaḥ – der Mond; bhūtvā – werden; rasa-ātmakaḥ – sorgen für Saft.
ÜBERSETZUNG
Ich gehe in jeden Planeten ein, und durch Meine Energie bleiben sie in ihrer Bahn. Ich werde zum Mond und versorge dadurch alle Gemüse mit dem Saft des Lebens.
ERKLÄRUNG
Alle Planeten schweben allein durch die Energie des Herrn im All. Der Herr geht in jedes Atom, in jeden Planeten und in jedes Lebewesen ein. Dies wird in der Brahma-saṁhitā beschrieben. Es wird dort gesagt, daß ein vollständiges Teil des Höchsten Persönlichen Gottes – der Paramātmā – in die Planeten, ins Universum, in alle Lebewesen und sogar in jedes Atom eingeht. Weil Er in alles eingeht, wird alles manifestiert.
Solange die Seele gegenwärtig ist, kann ein Mensch im Wasser schwimmen, aber sowie der lebendige Funke den Körper verlassen hat, und der Körper tot ist, versinkt dieser. Wenn sich der Körper zersetzt hat, schwimmt er selbstverständlich ebensogut wie Stroh und andere Dinge, doch sofort nachdem ein Mensch gestorben ist, versinkt er. In ähnlicher Weise schweben die Planeten im All; sie bleiben in ihrer Bahn, weil die Energie des Höchsten Persönlichen Gottes in sie eingegangen ist. Seine Energie erhält alle Planeten, als wären sie eine Handvoll Staub. Wenn man Staub in der Hand hält, ist es nicht möglich, daß dieser herunterfällt, doch wenn man den Staub in die Luft wirft, wird er zu Boden fallen. In ähnlicher Weise werden die Planeten, die im All schweben, in der Faust der universalen Form des Höchsten Herrn gehalten. Durch Seine Kraft und Energie bleiben alle sich bewegenden und sich nicht bewegenden Dinge an ihrem Ort. Es wird gesagt, daß der Höchste Persönliche Gott die Ursache dafür ist, daß die Sonne scheint und die Planeten in ihrer Bahn kreisen. Wenn Er nicht wäre, würden alle Planeten wie Staub in der Luft durcheinanderwirbeln und vergehen.
Der Höchste Persönliche Gott ist ebenfalls die Ursache dafür, daß der Mond alles Gemüse nährt. Durch den Einfluß des Mondes wird das Gemüse sehr wohlschmeckend; ohne den Mondschein kann das Gemüse weder wachsen noch saftig werden. Die menschliche Gesellschaft arbeitet, lebt bequem und genießt Nahrung, weil sie vom Höchsten Herrn versorgt wird – andernfalls könnte die Menschheit nicht überleben. Das Wort rasātmakaḥ ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung, denn mit Hilfe des Höchsten Herrn erhält das Gemüse durch den Einfluß des Mondes seinen Geschmack.
VERS 14
अहं वैश्वानरो भूत्वा प्राणिनां देहमाश्रितः ।
प्राणापानसमायुक्तः पचाम्यन्नं चतुर्विधम् ॥१४॥
ahaṁ vaiśvānaro bhūtvā
prāṇināṁ deham āśritaḥ
prāṇāpāna-samāyuktaḥ
pacāmy annaṁ catur-vidham
aham – Ich; vaiśvānaraḥ – durch Meine vollständige Erweiterung als das verdauende Feuer; bhūtvā – werden; prāṇinām – aller Lebewesen; deham – Körper; āśritaḥ – befindlich; prāṇa – ausströmende Luft; apāna – nach unten strömende Luft; samāyuktaḥ – halten Gleichgewicht; pacāmi – verdauen; annam – Nahrung; catur-vidham – vier Arten von.
ÜBERSETZUNG
Ich bin das Feuer der Verdauung in jedem lebenden Körper, und Ich bin die ein- und ausströmende Luft des Lebens, durch die Ich die vier Arten der Nahrung verdaue.
ERKLÄRUNG
Aus der āyur-vedischen śāstra erfahren wir, daß im Magen ein Feuer brennt, das alle Nahrung verdaut. Wenn dieses Feuer nicht brennt, verspürt man keinen Hunger, doch wenn das Feuer lodert, werden wir hungrig. Wenn dieses Feuer nicht in rechter Weise funktioniert, ist eine Behandlung erforderlich. Dieses Feuer repräsentiert den Höchsten Persönlichen Gott, und auch die vedischen mantras bestätigen, daß Sich der Höchste Herr bzw. das Höchste Brahman in Form von Feuer im Magen befindet und dort die Nahrung verdaut. Weil Er bei der Verdauung aller Arten von Nahrung hilft, ist das Lebewesen sogar beim Essen auf Ihn angewiesen. Wenn der Höchste Herr bei der Verdauung nicht behilflich wäre, könnten wir keine Nahrung zu uns nehmen. Er erzeugt und verdaut also die Nahrung, und durch Seine Barmherzigkeit genießen wir das Leben. Im Vedānta-sūtra wird dies ebenfalls bestätigt:
śabdādibhyo ’ntaḥ pratiṣṭhānāc ca
„Der Herr ist im Klang, im Körper und in der Luft gegenwärtig und befindet Sich im Magen als die verdauende Kraft.“
Es gibt vier Arten der Nahrung: Nahrung die geschluckt, gekaut, aufgeleckt und geschlürft wird, und Kṛṣṇa ist die Kraft, die sie verdaut.
VERS 15
सर्वस्य चाहं हृदि सन्निविष्टो मत्तः स्मृतिर्ज्ञानमपोहनञ्च ।
वेदैश्च सर्वैरहमेव वेद्यो वेदान्तकृद्वेदविदेव चाहम् ॥१५॥
sarvasya cāhaṁ hṛdi sanniviṣṭho
mattaḥ smṛtir jñānam apohanaṁ ca
vedaiś ca sarvair aham eva vedyo
vedānta-kṛd veda-vid eva cāham
sarvasya – aller Lebewesen; ca – und; aham – Ich; hṛdi – im Herzen; sanniviṣṭaḥ – weilen; mattaḥ – von Mir; smṛtiḥ – Erinnerung; jñānam – Wissen; apohanam ca – und Vergessen; vedaiḥ – von den Veden; ca – auch; sarvaiḥ – alle; aham – Ich bin; eva – gewiß; vedyaḥ – erkennbar; vedānta-kṛt – der Verfasser des Vedānta; veda-vit – der Kenner der Veden; eva – gewiß; ca – und; aham – Ich.
ÜBERSETZUNG
Ich weile im Herzen jedes Lebewesens, und von Mir kommen Erinnerung, Wissen und Vergessen. Das Ziel aller Veden ist es, Mich zu erkennen; wahrlich, Ich bin der Verfasser des Vedānta, und Ich bin der Kenner der Veden.
ERKLÄRUNG
Der Höchste Herr weilt im Herzen jedes Lebewesens als Paramātmā und lenkt alle Aktivitäten. Das Lebewesen vergißt, was in seinem vergangenen Leben geschehen ist, doch weil es unter der Führung des Höchsten Herrn handelt, der als Zeuge all seine Handlungen beobachtet, beginnt es seine Aktivitäten entsprechend seinen vergangenen Taten. Das Lebewesen wird mit dem notwendigen Wissen versorgt, ihm wird die Erinnerung gegeben, und es vergißt alles, was in seinem vergangenen Leben geschehen ist. Der Herr ist also nicht nur alldurchdringend, sondern weilt auch lokalisiert in jedem individuellen Herzen und gewährt den Lebewesen ihre verschiedenen fruchtbringenden Ergebnisse. Er kann nicht nur als das unpersönliche Brahman, der lokalisierte Paramātmā und der Höchste Persönliche Gott verehrt werden, sondern auch in Seiner Inkarnation als die Veden. Die Veden geben den Menschen Unterweisungen, so daß sie ihr Leben in rechter Weise umformen und so nach Hause, zu Gott, zurückkehren können. Die Veden vermitteln Wissen vom Höchsten Persönlichen Gott Kṛṣṇa, und Kṛṣṇa Selbst faßte in Seiner Inkarnation als Vyāsadeva das Vedānta-sūtra zusammen. Der Kommentar, den Vyāsadeva in Form des Śrīmad-Bhāgavatam zum Vedānta-sūtra gab, vermittelt das wahre Verständnis von dieser Schrift.
Der Höchste Herr ist so reich, daß Er zur Befreiung der bedingten Seele für Nahrung und Verdauung sorgt, der Zeuge ihrer Aktivitäten ist, ihr das Wissen in Form der Veden gibt und ihr als der Höchste Persönliche Gott, Śrī Kṛṣṇa, die Bhagavad-gītā verkündet. Daher sollte Er von der bedingten Seele verehrt werden. Gott ist also ganz und gar gut; Er ist ganz und gar barmherzig.
Antaḥpraviṣṭaḥ śāstā janānām. Sobald das Lebewesen den gegenwärtigen Körper verläßt, vergißt es alles, was in seinem Leben geschehen ist; doch es nimmt in seinem neuen Körper seine Aktivitäten wieder auf, weil es vom Höchsten Herrn gelenkt wird. Obwohl es alles vergißt, gibt ihm der Herr die Intelligenz, seine Arbeit dort wieder aufzunehmen, wo es in seinem letzten Leben aufgehört hat. Der Höchste Herr, der im Herzen des Lebewesens gegenwärtig ist, läßt es also in der materiellen Welt nicht nur genießen oder leiden, sondern gibt ihm auch die Gelegenheit, die Veden von Ihm zu verstehen. Wenn man ernsthaft darum bemüht ist, das vedische Wissen zu verstehen, erhält man von Kṛṣṇa die dazu erforderliche Intelligenz. Man mag sich nun die Frage stellen, warum der Herr das vedische Wissen für das Verständnis der Lebewesen offenbare, und die Antwort lautet: weil es für das individuelle Lebewesen unbedingt notwendig ist, Kṛṣṇa zu verstehen. Die vedischen Schriften bestätigen dies wie folgt: yo ’sau sarvair vedair gīyate. In allen vedischen Schriften, angefangen mit den vier Veden, dem Vedānta-sūtra, den Upaniṣaden und den Purāṇas, werden die Herrlichkeiten des Höchsten Herrn gepriesen. Wenn man die vedischen Rituale vollzieht, die vedische Philosophie diskutiert und den Herrn durch hingebungsvolles Dienen verehrt, gelangt man zu Ihm. Daher ist es das Ziel der Veden, Kṛṣṇa zu verstehen. Die Veden geben uns die Führung, die notwendig ist, um Kṛṣṇa zu verstehen, und sie lehren uns auch den Vorgang der Erkenntnis. Ihr endgültiges Ziel ist der Höchste Persönliche Gott. Das Vedānta-sūtra bestätigt dies mit folgenden Worten: tat tu samanvayāt. Man kann die Vollkommenheit erlangen, wenn man die vedischen Schriften versteht, und man kann seine Beziehung zum Höchsten Persönlichen Gott verstehen, wenn man die verschiedenen Vorgänge zur Selbstverwirklichung praktiziert. Auf diese Weise kann man sich Ihm nähern und schließlich das höchste Ziel, den Höchsten Persönlichen Gott, erreichen. In diesem Vers werden der Sinn, das Verständnis und das Ziel der Veden eindeutig definiert.
VERS 16
द्वाविमौ पुरुषौ लोके क्षरश्चाक्षर एव च ।
क्षरः सर्वाणि भूतानि कूटस्थोऽक्षर उच्यते ॥१६॥
dvāv imau puruṣau loke
kṣaraś cākṣara eva ca
kṣaraḥ sarvāṇi bhūtāni
kūṭastho’kṣara ucyate
dvau – zwei; imau – in dieser (Welt); puruṣau – Lebewesen; loke – in der Welt; kṣaraḥ – fehlbar; ca – und; akṣaraḥ – unfehlbar; eva – gewiß; ca – und; kṣaraḥ – der Fehlbare; sarvāṇi – alle; bhūtāni – Lebewesen; kūṭasthaḥ – in Einheit; akṣaraḥ – unfehlbar; ucyate – es wird gesagt.
ÜBERSETZUNG
Es gibt zwei Arten von Wesen – die Fehlbaren und die Unfehlbaren. In der materiellen Welt ist jedes Lebewesen fehlbar, wohingegen in der spirituellen Welt jedes Wesen unfehlbar ist.
ERKLÄRUNG
Wie bereits erklärt wurde, faßte der Herr in Seiner Inkarnation als Vyāsadeva das Vedānta-sūtra zusammen. In diesem Vers gibt der Herr eine inhaltliche Zusammenfassung des Vedānta-sūtra. Er sagt, daß die zahllosen Lebewesen in zwei Gruppen eingeteilt werden können: in die Fehlbaren und die Unfehlbaren. Die Lebewesen sind ewiglich abgesonderte winzige Bestandteile des Höchsten Persönlichen Gottes. Wenn sie mit der materiellen Welt in Berührung sind, werden sie jīva-bhūtāḥ genannt, und die Sanskritwörter, die hier gebraucht werden (sarvāṇi bhūtāni), bedeuten, daß sie fehlbar sind. Diejenigen jedoch, die mit dem Höchsten Persönlichen Gott eins sind, werden unfehlbar genannt. Einheit bedeutet hier nicht, daß sie keine Individualität besitzen, sondern, daß es unter ihnen keine Uneinigkeit gibt. Sie befinden sich mit der Schöpfung in Harmonie. Natürlich gibt es in der spirituellen Welt keine Schöpfung, doch weil der Höchste Persönliche Gott im Vedānta-sūtra erklärt hat, daß Er die Quelle aller Emanationen ist, wird auch diese Vorstellung näher erläutert. Nach der Aussage des Höchsten Persönlichen Gottes, Śrī Kṛṣṇa, gibt es zwei Gruppen von Lebewesen. Die Veden liefern den Beweis für diese Aussage, und somit kann es keinen Zweifel darüber geben. Die Lebewesen, die in der materiellen Welt mit dem Geist und den fünf Sinnen kämpfen, befinden sich in einem materiellen Körper, der sich solange verändert, wie das Lebewesen bedingt ist. Der Körper verändert sich nur, weil er aus materiellen Elementen besteht, und weil sich die Materie verändert, scheint sich auch das Lebewesen zu verändern. Doch in der spirituellen Welt besteht der Körper nicht aus Materie, und folglich gibt es dort auch keine Veränderung. In der materiellen Welt unterliegt die verkörperte Seele sechs Veränderungen: Geburt, Wachstum, Dauer, Fortpflanzung, Verfall und Verschwinden. Dies sind die Veränderungen des materiellen Körpers. Doch in der spirituellen Welt verändert sich der Körper nicht, dort gibt es weder Alter noch Geburt, noch Tod. Alles existiert dort in Einheit. Dies wird noch deutlicher mit den Worten sarvāṇi-bhūtāni erklärt: angefangen mit dem zuerst erschaffenen Lebewesen, Brahmā, bis hinunter zur kleinen Ameise, wechselt jedes Lebewesen, das mit der Materie in Berührung gekommen ist, seinen Körper, und daher sind sie alle fehlbar. In der spirituellen Welt jedoch sind die Lebewesen immer in Einheit befreit.
VERS 17
उत्तमः पुरुषस्त्वन्यः परमात्मेत्युदाहृतः ।
यो लोकत्रयमाविश्य बिभर्त्यव्यय ईश्वरः ॥१७॥
uttamaḥ puruṣas tv anyaḥ
paramātmety udāhṛtaḥ
yo loka-trayam āviśya
bibharty avyaya īśvaraḥ
uttamaḥ – die beste; puruṣaḥ – Persönlichkeit; tu – aber; anyaḥ – ein anderer; param – das Höchste; ātmā – Selbst; iti – so; udāhṛtaḥ – sagte; yaḥ – jemand, der; loka – des Universums; trayam – die drei Einteilungen; āviśya – eingehen; bibharti – aufrechterhalten; avyayaḥ – unerschöpflich; īśvaraḥ – der Herr.
ÜBERSETZUNG
Doch außer diesen beiden Arten von Wesen existiert die größte lebende Persönlichkeit, der Höchste Herr, der in diese Welten eingegangen ist und sie erhält.
ERKLÄRUNG
Dieser Vers wird sehr schön in der Kaṭha Upaniṣad und der Śvetāśvatara Upanīṣad zum Ausdruck gebracht. Es wird dort gesagt, daß Sich über den unzähligen Lebewesen, von denen einige bedingt und andere befreit sind, die Höchste Persönlichkeit als Paramātmā befindet. Der Vers in den Upaniṣaden lautet wie folgt:
nityo nityānāṁ cetanaś cetanānām
eko bahūnāṁ yo vidadhāti kāmān
„Unter allen ewigen Lebewesen – sowohl den bedingten als auch den befreiten – existiert eine höchste Persönlichkeit, der Höchste Persönliche Gott, der alle anderen erhält und ihnen, entsprechend ihren Aktivitäten, jede Möglichkeit zum Genuß gibt.“ (Kaṭha 2.2.12)
Dieser Höchste Persönliche Gott befindet Sich als Paramātmā im Herzen jedes Lebewesens. Nur der Weise, der Ihn verstehen kann, kann vollkommenen Frieden erlangen, und niemand sonst.
Es ist falsch anzunehmen, der Höchste Herr und die Lebewesen befänden sich auf der gleichen Ebene und seien in jeder Hinsicht gleich. Es gibt immer eine über- und viele untergeordnete Persönlichkeiten. Das Wort uttama ist hier von großer Bedeutung. Niemand kann den Höchsten Persönlichen Gott übertreffen. Das Wort loke ist ebenfalls sehr wichtig, denn in der Pauruṣa, einer vedischen Schrift, heißt es:
lokyate vedārtho’nena
„Der Höchste Herr erklärt in Seinem lokalisierten Aspekt als Paramātmā den Sinn der Veden.“
Der folgende Vers erscheint ebenfalls in den Veden:
tāvad eṣa samprasādo ’smāc
charīrāt samutthāya paraṁ
jyoti-rūpaṁ sampadya svena
rūpeṇābhiniṣpadyate sa uttamaḥ puruṣaḥ
„Wenn die Überseele, der Paramātmā, den Körper verläßt, geht Er in das unpersönliche brahmajyoti ein und bleibt dort in Seiner spirituellen Identität. Dieser Höchste wird die Höchste Persönlichkeit genannt.“
Das bedeutet, daß die Höchste Persönlichkeit Ihre spirituelle Ausstrahlung, die endgültige Erleuchtung, entfaltet und verbreitet. Diese Höchste Persönlichkeit hat als Paramātmā auch einen lokalisierten Aspekt. Indem Er als der Sohn von Satyavatī und Parāśara erscheint, erklärt Er als Vyāsadeva das vedische Wissen.
VERS 18
यस्मात्क्षरमतीतोऽहमक्षरादपि चोत्तमः ।
अतोऽस्मि लोके वेदे च प्रथितः पुरुषोत्तमः ॥१८॥
yasmāt kṣaram atīto ’ham
akṣarād api cottamaḥ
ato ’smi loke vede ca
prathitaḥ puruṣottamaḥ
yasmāt – weil; kṣaram – zu den Fehlbaren; atītaḥ – transzendental; aham – Ich; akṣarāt – zu den Unfehlbaren; api – besser als sie; ca – und; uttamaḥ – der Beste; ataḥ – deshalb; asmi – Ich bin; loke – in der Welt; vede – in den vedischen Schriften; ca – und; prathitaḥ – gefeiert; puruṣottamaḥ – als die Höchste Persönlichkeit.
ÜBERSETZUNG
Weil Ich transzendental bin, jenseits der Fehlbaren und Unfehlbaren, und weil Ich der Größte bin, werde Ich sowohl in der Welt als auch in den Veden als die Höchste Person gepriesen.
ERKLÄRUNG
Niemand kann den Höchsten Persönlichen Gott übertreffen – weder eine bedingte noch eine befreite Seele. Deshalb ist Er die größte aller Persönlichkeiten. Aus diesem Vers geht eindeutig hervor, daß die Lebewesen und der Höchste Persönliche Gott Individuen sind. Der Unterschied zwischen ihnen besteht darin, daß die Lebewesen weder im bedingten noch im befreiten Zustand die unvorstellbaren Energien des Höchsten Persönlichen Gottes an Quantität übertreffen können.
VERS 19
यो मामेवमसंमूढो जानाति पुरुषोत्तमम् ।
स सर्वविद्भजति मां सर्वभावेन भारत ॥१९॥
yo mām evam asammūḍho
jānāti puruṣottamam
sa sarva-vid bhajati māṁ
sarva-bhāvena bhārata
yaḥ – irgend jemand; mām – Mich; evam – gewiß; asammūḍhaḥ – ohne Zweifel; jānāti – kennt; puruṣottamam – den Höchsten Persönlichen Gott; saḥ – er; sarva-vit – Kenner aller Dinge; bhajati – dient hingebungsvoll; mām – Mir; sarva-bhāvena – in jeder Hinsicht; bharata – O Nachkomme Bharatas.
ÜBERSETZUNG
O Nachkomme Bharatas, jeder, der Mich als den Höchsten Persönlichen Gott kennt und daran nicht zweifelt, weiß alles und beschäftigt sich daher völlig im hingebungsvollen Dienen.
ERKLÄRUNG
Es gibt viele philosophische Spekulationen über die wesensgemäße Position der Lebewesen und die der Höchsten Absoluten Wahrheit. In diesem Vers erklärt der Höchste Persönliche Gott unmißverständlich, daß jeder, der Śrī Kṛṣṇa als die Höchste Person kennt, über allumfassendes Wissen verfügt. Ein Mensch mit unvollkommenem Wissen spekuliert über die Absolute Wahrheit, doch ein Weiser, der über vollkommenes Wissen verfügt, beschäftigt sich, ohne seine wertvolle Zeit zu vergeuden, direkt im Kṛṣṇa-Bewußtsein, dem hingebungsvollen Dienst des Herrn. Die gesamte Bhagavad-gītā hindurch wird diese Tatsache auf jeder Seite betont. Und dennoch gibt es viele uneinsichtige Kommentatoren der Bhagavad-gītā, die meinen, die Höchste Absolute Wahrheit und die Lebewesen seien ein und dasselbe.
Das vedische Wissen wird śruti genannt – durch Hören lernen. Es ist das beste, das vedische Wissen von Autoritäten wie Kṛṣṇa und Seinen Repräsentanten zu empfangen. Kṛṣṇa macht eindeutige Unterschiede, und deshalb sollte man von Ihm hören. Es genügt nicht, wie die Schweine zu hören; man muß fähig sein, Wissen von Autoritäten zu verstehen. Man sollte seine Zeit nicht mit intellektuellen Spekulationen verschwenden, sondern vielmehr in ergebener Haltung aus der Bhagavad-gītā lernen, daß die Lebewesen dem Höchsten Persönlichen Gott immer untergeordnet sind. Jeder, der fähig ist, dies zu verstehen, kennt, wie der Höchste Persönliche Gott Śrī Kṛṣṇa Selbst sagt, das Ziel der Veden; niemand sonst kennt den Sinn der Veden.
Das Wort bhajate ist sehr bedeutsam. Das Wort bhajate wird häufig im Zusammenhang mit dem Dienst des Höchsten Herrn verwendet. Wenn ein Mensch in völligem Kṛṣṇa-Bewußtsein im hingebungsvollen Dienen für den Herrn beschäftigt ist, hat er das gesamte vedische Wissen verstanden. In der Vaiṣṇava-paramparā wird gesagt, daß es nicht mehr notwendig ist, einen spirituellen Vorgang anzuwenden, um die Höchste Absolute Wahrheit zu verstehen, wenn man im hingebungsvollen Dienst Kṛṣṇas beschäftigt ist. Man hat diese Stufe bereits erreicht, weil man dem Höchsten Herrn in Hingabe dient. Und wenn man auf dieser Ebene verankert ist, hat man alle vorläufigen Stufen der Erkenntnis hinter sich gelassen; doch wenn jemand, nachdem er Hunderttausende von Leben hindurch spekuliert hat, nicht zu der Erkenntnis kommt, daß Kṛṣṇa der Höchste Persönliche Gott ist, und daß man sich ihm hingeben muß, sind all seine Spekulationen in den vielen Jahren und Leben nichts als Zeitverschwendung gewesen.
VERS 20
इति गुह्यतमं शास्त्रमिदमुक्तं मयानघ ।
एतद्बुद्ध्वा बुद्धिमान्स्यात्कृतकृत्यश्च भारत ॥२०॥
iti guhyatamaṁ śāstram
idam uktaṁ mayānagha
etad buddhvā buddhimān syāt
kṛta-kṛtyaś ca bhārata
iti – so; guhyatamam – das Vertraulichste; śāstram – die überlieferten Schriften; idam – dies; uktam – enthüllt; mayā – von Mir; anagha – O Sündloser; etat – dies; buddhvā – Verstehen; buddhimān – intelligent; syāt – man wird; kṛta-kṛtyaḥ – der Vollkommenste; ca – und; bhārata – O Nachkomme Bharatas.
ÜBERSETZUNG
O Sündloser, dies ist der vertraulichste Teil der vedischen Schriften, und Ich habe ihn dir nun offenbart. Wer auch immer dieses Wissen versteht, wird weise werden, und seine Bemühungen werden die Stufe der Vollkommenheit erreichen.
ERKLÄRUNG
Der Herr erklärt hier unmißverständlich, daß dieses Wissen die Essenz aller überlieferten Schriften ist, und daß man es so verstehen sollte, wie es vom Höchsten Persönlichen Gott offenbart wird. Auf diese Weise wird man Intelligenz entwickeln und die Vollkommenheit im transzendentalen Wissen erlangen. Mit anderen Worten, jeder Mensch kann von den Verschmutzungen der drei Erscheinungsweisen der materiellen Natur befreit werden, wenn er die Philosophie vom Höchsten Persönlichen Gott versteht und sich in Seinem hingebungsvollen Dienst beschäftigt. Durch hingebungsvolles Dienen erlangt man spirituelles Wissen. Wo auch immer hingebungsvolles Dienen ausgeführt wird, kann die materielle Verschmutzung nicht standhalten. Hingebungsvolles Dienen für den Herrn und der Herr Selbst sind ein und dasselbe, denn beide sind spirituell, das heißt die innere Energie des Höchsten Herrn. Der Herr wird mit der Sonne, und Unwissenheit wird mit Dunkelheit verglichen. Wo die Sonne scheint, kann es keine Dunkelheit geben. Daher kann es überall dort, wo unter der kundigen Führung eines echten geistigen Meisters hingebungsvolles Dienen praktiziert wird, keine Unwissenheit geben.
Um intelligent und gereinigt zu werden, muß deshalb jeder Mensch dieses Bewußtsein über Kṛṣṇa annehmen und sich im hingebungsvollen Dienen beschäftigen. Solange man nicht die Ebene erreicht, auf der man Kṛṣṇa versteht und sich im hingebungsvollen Dienen beschäftigt, ist man nicht intelligent – ganz gleich für wie intelligent man von gewöhnlichen Menschen auch gehalten wird. Das Wort anagha, mit dem Arjuna hier angeredet wird, ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Anagha (O Sündloser) bedeutet, daß es sehr schwierig ist, Kṛṣṇa zu verstehen, solange man nicht von allen sündhaften Reaktionen befreit ist. Man muß von allen Verschmutzungen und sündigen Aktivitäten frei werden – erst dann kann man Kṛṣṇa verstehen. Doch hingebungsvolles Dienen ist so rein und mächtig, daß man automatisch auf die Stufe der Sündlosigkeit gelangt, wenn man in dieser Weise beschäftigt ist. Während man in der Gemeinschaft reiner Gottgeweihter, die völlig im Kṛṣṇa-Bewußtsein verankert sind, hingebungsvolles Dienen praktiziert, gibt es gewisse Dinge, die überwunden werden müssen. Als erstes und wichtigstes muß die Schwäche des Herzens besiegt werden. Der Fall ins materielle Dasein wird von dem Verlangen verursacht, über die materielle Natur zu herrschen. Aufgrund dieses Verlangens, gibt man den transzendentalen liebevollen Dienst für den Höchsten Herrn auf. Und in dem Maße, wie man das Verlangen, über die materielle Natur zu herrschen, vergrößert, wächst die Anhaftung an Materie und dem Besitz von Materie. Dies versteht man unter der zweiten Schwäche des Herzens. Die Probleme des materiellen Daseins sind nur auf diese beiden Schwächen des Herzens zurückzuführen.
So enden die Erklärungen Bhaktivedantas zum Fünfzehnten Kapitel der
Śrīmad-Bhagavad-gītā, genannt „Der yoga der Höchsten Person“.
Bhagavad-gītā (1. Auflage 1974): [PDF] (60 MB, Bilder, Sanskrit, Lesezeichen)
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